Jahrringe aus Asien erklären historische Pestausbrüche in Europa

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Oslo und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL konnten erstmals zeigen, dass klimatisch gesteuerte Pestausbrüche in Asien während mehrerer Jahrhunderte wiederholt die südeuropäischen Hafenstädte erreichten. Diese Erkenntnis widerlegt die bisherige Annahme, der „Schwarze Tod“ sei 1347 AD auf eine einmalige Einführung des Bakteriums Yersinia pestis 1347 AD von Asien nach Europa zurückzuführen. Ihre Ergebnisse wurden diese Woche in Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States publiziert.

Bis heute konzentrierte sich die Wissenschaft auf die Suche nach natürlichen Langzeit-Reservoiren von Yersinia pestis in Europe. Zudem hat man auch nach Klimafaktoren gesucht, welche möglicherweise zum „Schwarzen Tod“ in der Mitte des 14. Jhd. beigetragen haben. Forscher der Universität Oslo und der WSL fanden nun neue Hinweise, dass eine einmalige Einwanderung des Bakteriums aus den Asiatischen Pestherden in die mediterranen Hafenstädte Europas unwahrscheinlich war.

Anstatt eines singulären Ereignisses, das die europäische Bevölkerung binnen weniger Jahre nach 1347 AD um geschätzte 40-60% dezimierte, gehen die Forscher nun davon aus, dass die Populationsdichte zentralasiatischer Nagetiere stark schwankte und der Auslöser für das wiederholte Auftreten der Pest im mittelalterlichen Europa war. Während mehr als vier Jahrhunderten haben zahlreiche Epidemien nicht nur die sozioökonomische Entwicklung, sondern auch die Kultur, Kunst und Religion des gesamten Kontinents massgeblich beeinflusst. Der Vergleich des umfangreichsten digitalen Inventars historischer Pestausbrüche (7711 Fälle) mit 15 Klimarekonstruktionen, basierend auf jährlich aufgelösten und absolut datierten Jahrringen, zeigte, dass Pestausbrüche in Asien mehrfach bis nach Europa gelangten.

Die Wissenschaftler konnten statistische Zusammenhänge zwischen hochaufgelösten Klimarekonstruktionen und der Populationsdichte sowie der Häufigkeit von Pestepidemien innerhalb des wichtigsten Pest-Wirtes, der Wüstenrennmaus (Rhombomys opimus), nachweisen. Die neuen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass sich das Bakterium Yersinia pestis nach extrem niederschlagsreichen Jahren im natürlichen Verbreitungsgebiet Zentralasiens, zum Beispiel in Kasachstan, über die pan-eurasischen Handelswege der Seidenstrasse ausbreiten konnte; mit einer Verzögerung von 10-15 Jahren erreichte der Erreger Europa.

Gemeinsam gelang es den Schweizer und Norwegischen Kollegen, die bisherige Sichtweise von einer einmaligen Herkunft der Pest auf sich wiederholende, klimagesteuerte Ausbrüche in den natürlichen Herden Asiens zu richten. Ihre Resultate zweifeln die vorherrschende, jedoch nur wenig begründete Meinung an, Yersinia pestis habe ein permanentes, natürliches Reservoir in wild lebenden Tieren Europas gehabt, beispielsweise in der Hausrattenpopulation. Aufgrund der neuen Forschungsergebnisse gehen sie davon aus, dass sich neue Stämme mehrfach in Asien ausbreiteten und immer wieder den Weg nach Europa fanden.

Eine endgültige Bestätigung dieser Hypothese hängt jedoch von der Verfügbarkeit genetischer Proben historischer Pestopfer ab. Diese müssten im Idealfall sowohl aus unterschiedlichen Zeitepochen als auch aus mehreren Regionen in Eurasien stammen. Aufgrund der aktuellen Entwicklung der aDNA Forschung ist davon auszugehen, dass internationale Kooperationen über bestehende Disziplingrenzen hinweg voraussichtlich neue Erkenntnisse in eine faszinierende Thematik an der Schnittstelle zwischen Geschichte und Umweltwissenschaften liefern werden.

 

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Quelle:
Reinhard Lässig
Medienkontakt WSL Birmensdorf
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Historikertag 2014 in Göttingen

Auf dem 50. Deutschen Historikertag werden vom 23. bis 26. September 2014 an der Universität Göttingen über 400 Referentinnen und Referenten neueste Forschungsergebnisse diskutieren. Gut ein Viertel von ihnen reist aus dem Ausland an – insgesamt werden 21 Nationen vertreten sein.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Stiftung Niedersachsen fördern die internationale Ausrichtung des Historikertages mit insgesamt 60.000 Euro. „Die Förderung macht es unter anderem möglich, dass wir internationale Nachwuchswissenschaftler bei ihren Reisekosten unterstützen“, so der Geschäftsführer des Historikertages, Benjamin Bühring. „Von den Impulsen aus anderen Wissenschaftssystemen profitieren alle Teilnehmer. Internationale Vernetzung hat einen sehr großen Stellenwert für die Geschichtswissenschaft“.

Eine der größten Gruppen ausländischer Wissenschaftler stammt aus Großbritannien, dem Partnerland des 50. Deutschen Historikertages. In mehreren Sektionen werden Fragen der britischen und deutsch-britischen Geschichte thematisiert. Gemeinsam mit der Royal Historical Society (RHS) bietet der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) eine Sektion mit dem Titel „The Psychology of National Difference in the Mid-20th Century Crisis“ an, unter der Leitung des RHS-Präsidenten Prof. Dr. Peter Mandler von der Cambridge University. Im Schülerprogramm spricht mit Prof. Dr. Nicholas Stargardt von der Oxford University einer der führenden britischen Experten für deutsche Geschichte über „Versteckte Kinder im Holocaust“. Prof. Dr. Christopher Clark von der Cambridge University debattiert zudem mit Prof. Dr. Gerd Krumeich über die Hintergründe des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs.

„Die Universität Göttingen als Gründung Georgs II. und mit ihren vielfältigen aktuellen wissenschaftlichen Verbindungen nach Großbritannien ist also gleich in mehrfacher Hinsicht ein idealer Tagungsort für dieses Partnerland“, so Prof. Dr. Arnd Reitemeier, Sprecher des Ortskomitees. „Vor dem Hintergrund des Referendums in Schottland am 18. September wird es spannend sein zu beobachten, wie die Kolleginnen und Kollegen aus England, Wales und Schottland das Motto ‘Gewinner und Verlierer‘ des Historikertags aufgreifen werden.“

Rednerin auf der Festveranstaltung am Donnerstag, 25. September, um 19 Uhr in der Stadthalle ist Lyndal Roper, Regius-Professorin für Geschichte an der Oxford University und die erste Frau in dieser Position seit der Stiftung des Lehrstuhls 1724 durch Georg I. Sie spricht über die Rolle von Frauen im Wissenschaftssystem in Großbritannien und Deutschland.

Weitere Infos zum Historikertag 2014 gibt es hier.

Quelle:
Thomas Richter
Presse, Kommunikation und Marketing
Georg-August-Universität Göttingen

Workshop zum Bloggen in Wien

Das Institut für Österreichische Geschichtsforschung organisiert einen Workshop zum Thema „Weblogs in Geschichtswissenschaft und Archivwesen“, am 10. November in Wien. Der Workshop soll einerseits dem Austausch von Bloggerinnen und Bloggern aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft und des Archivwesens dienen, vor allem aber interessierte Historikerinnen und Historiker, Archivarinnen und Archivare sowie fortgeschrittene Studierende an die Möglichkeiten und Chancen des Bloggens heranführen. Teilnahme kostenlos, aber Anmeldung erforderlich.

Mehr Infos zu dem Workshop findet Ihr hier!