Archäologen restaurieren Kalifenpalast am See Genezareth

Institut für Altertumswissenschaften erhält Fördermittel aus dem Kulturerhalt-Programm des Auswärtigen Amts.

Für die Restaurierung des frühislamischen Kalifenpalastes Khirbat al-Minya am See Genezareth (Israel) erhält das Institut für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) im Rahmen des Kulturerhalt-Programms des Auswärtigen Amts Fördermittel in Höhe von 30.000 Euro. Der rund 5000 Quadratmeter große Palastkomplex wurde 1932 bis 1939 von deutschen Archäologen im Auftrag der katholischen Görresgesellschaft und des Museums für Islamische Kunst Berlin ausgegraben. Er liegt bis heute auf Grundbesitz des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande zu Köln und wird durch die Israel National Parks Authority verwaltet.

Der aus weißem Kalkstein auf schwarzem Basaltsockel errichtete Palast umschließt eine der ältesten Moscheen des Heiligen Landes. Erbaut wurde er durch den Kalifen Walid I. (705 bis 715 n. Chr.) aus der Dynastie der Umayyaden, die im Heiligen Land 661 bis 750 n. Chr. das erste Kalifat errichteten. Wenige Jahre nach Baubeginn erschütterte ein großes Erdbeben den Palast und verursachte einen Riss mitten durch die Moschee und den gesamten Ostflügel des Bauwerks, was wohl die Bauarbeiten vor ihrer Beendigung zum Erliegen brachte. Im Mittelalter entstand in der Anlage ein Siedeofen zur Verarbeitung des Zuckerrohrs, mit dem die Kreuzfahrer viel Geld verdienten, gleichzeitig aber durch den hohen Wasser- und Brennholzbedarf die Umwelt nachhaltig schädigten. Seit der Ausgrabung liegt die Ruine frei und ist durch Vegetation und Witterungseinflüsse in ihrem Bestand bedroht.

Luftaufnahme der Ausgrabungsstätte des frühislamischen Kalifenpalasts Khirbat al-Minya/ Foto: Courtesy of Yaniv Darvasi, The Hebrew University of Jerusalem
Luftaufnahme der Ausgrabungsstätte des frühislamischen Kalifenpalasts Khirbat al-Minya/ Foto: Courtesy of Yaniv Darvasi, The Hebrew University of Jerusalem

Die vom Auswärtigen Amt geförderte Restaurierung unterstreicht auch den hohen Stellenwert des Jubiläums „50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel“. „Die Restaurierung kommt fünf vor zwölf“, erklärt der Archäologe PD Dr. habil. Hans-Peter Kuhnen, Leitender Akademischer Direktor des Instituts für Altertumswissenschaften und Projektleiter, der seit 2009 mit Mainzer Studierenden archäologische Forschungen in Khirbat al-Minya unternimmt. „Wir konnten von Jahr zu Jahr den fortschreitenden Verfall des Palastes verfolgen. Mit dem Förderprojekt bekennt sich die Bundesrepublik zu ihrer Verantwortung für eine wichtige Ausgrabungsstätte, die ohne das deutsche Engagement in den 1930er Jahren nicht ausgegraben worden wäre. Gleichzeitig unterstützen wir damit die Arbeit der israelischen Nationalparkverwaltung, bieten unseren Studierenden praktische Erfahrungen in archäologischer Konservierung und setzen innerhalb der Archäologie ein Zeichen für den Dialog mit dem Islam“, erklärt Kuhnen, der 2014 zusammen mit Franziska Bloch vom Deutschen Archäologischen Institut einen Führer zu dem Palast herausgegeben hat.

Seit 1981 unterstützt die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Kulturerhalt-Programms des Auswärtigen Amts die Bewahrung kulturellen Erbes in aller Welt mit dem Ziel, das Bewusstsein für die eigene nationale Identität im Partnerland zu stärken und einen partnerschaftlichen Kulturdialog zu fördern. Das Kulturerhalt-Programm des Auswärtigen Amts ist ein wirkungsvolles Instrument der deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Gerade der Beitrag von Kulturerhalt-Vorhaben zur Stabilisierung in Krisenstaaten und als Krisenprävention hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen.

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Quelle:
Petra Giegerich
Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Tübinger Forscher stellt Seevölker-These infrage

Wissenschaftler des Sonderforschungsbereichs RessourcenKulturen für neue Erkenntnisse zur biblischen Archäologie ausgezeichnet

Jesse Millek, Doktorand des Sonderforschungsbereichs 1070 RessourcenKulturen an der Universität Tübingen, widerlegt in seiner Forschungsarbeit die bis heute in der biblischen Archäologie vieldiskutierte These, dass Seevölker aus dem nördlichen Mittelmeerraum für den Kollaps der Reiche in der Levante am Ende der Bronzezeit verantwortlich waren. Als Evidenz für diese Seevölker – Theorie gilt eine Inschrift aus dem Totentempel von Ramses dem III in Medinet Habu aus dem Jahr 1180 v.Chr., auf der die Invasion von Fremden, die über das Meer kamen, als Grund für den Niedergang ägyptischer Nachbarreiche genannt wird. Daraus leitete die bisherige archäologische Forschung ab, Seevölker aus dem Mittelmeerraum seien auch für den ökonomischen Kollaps in der Levante verantwortlich gewesen.

Nach neuesten Erkenntnissen spricht jedoch einiges dafür, dass die Ursachen für den starken Rückgang des Handels viel komplexer sind als bisher angenommen und eher auf einen internen, gesellschaftlichen Umwälzungsprozess und auf einen veränderten Umgang mit Ressourcen zurückzuführen sind. Die Dokumentationen archäologischer Grabungen an 16 Fundorten der Region werden in der Forschungsarbeit des SFB 1070 kritisch neu bewertet und ausdifferenziert. Ein Beispiel ist die Fundstätte Lachisch, 44 Kilometer südwestlich von Jerusalem, eine der größten und bedeutendsten Fundstätten der Levante.

In früheren Grabungen wurden in der spätbronzezeitlichen Zerstörungsschicht 7 die ausgebrannten Überreste eines Tempels und eines Gebäudes entdeckt. Diese Funde interpretierte man in Untersuchungen als Hinweise auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Seevölkern. Die kritische Neubetrachtung der Grabungsdokumentation zeigt, dass bei der initialen Interpretation einige Faktoren übersehen wurden.

„Der bronzezeitliche Gebäudebrand in Lachisch begann nachweislich im Küchenbereich – auch in der Bronzezeit gab es ganz alltägliche Ursachen für Zerstörungen“, berichtet Jesse Millek. „Der Tempel weist keinerlei Vandalismus und keine Anzeichen von Schatzräuberei auf und wurde vor der Zerstörung vollständig geräumt. Alles deutet auf eine kultische Stilllegung der Stätte hin. Die heiligen Gegenstände wurden geordnet und systematisch entfernt. Der Standort des Tempels blieb dennoch als heilige Stätte tabu, auch in späterer Zeit.“ Die geordnete Stilllegung von Heiligtümern deutet auf einen veränderten Umgang mit spirituellen Ressourcen und eine kulturelle Neuordnung von Werten innerhalb der Gesellschaft hin. In der weiteren Forschungsarbeit soll nun geklärt werden, inwieweit der Rückgang des Handels mit diesem Wertewandel zusammen hängt.

Jesse Millek studierte zunächst Archäologie und Kunstgeschichte in New York und Leiden. Seit 2013 ist er Doktorand im SFB RessourcenKulturen an der Universität Tübingen und untersucht unter Leitung von Professor Jens Kamlah die Ressourcenkontrolle am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im Ostmittelmeerraum. Vor allem der Niedergang des Handels in der Spätbronzezeit in Israel und den umliegenden Ländern steht dabei im Forschungsinteresse.

Professor Jens Kamlah, Leiter des Teilprojekts A06, hebt die Bedeutung der Widerlegung der Seevölkerthese hervor: „Ziel unserer Forschung ist es, dem alten, stark vereinfachenden Modell die Beweise zu entziehen. Hierzu leistet die Arbeit von Jesse Millek einen wichtigen Beitrag. Der Zeitraum, den wir untersuchen, ist ausschlaggebend für die Entstehung des alttestamentarischen Israels, wie wir es aus der Bibel kennen. Das Aufzeigen der verschiedenen Gründe und komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge für den Handelsrückgang kann neue Einblicke in diese wichtige Epoche leisten.“

Für seine Forschung wurde Jesse Millek mit dem Sean W. Dever Memorial Prize ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich für bahnbrechende Veröffentlichungen im Bereich syro-palästinischer und biblischer Archäologie vergeben. Das William F. Albright Institute of Archaeological Research in Jerusalem honoriert damit einen innovativen Forschungsansatz.

 

Quelle:
Antje Karbe
Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

HYPOGEA 2015 in Rom

Mitte März 2015 fand in Rom die „HYPOGEA 2015“ statt. Aus allen Teilen Europas waren Vereine wie auch Privatpersonen angereist, um an diesem Kongress teilzunehmen. Was sie miteinander gemein haben: Sie interessieren sich mit großer Leidenschaft für Räume im Untergrund. Beim diesjährigen Kongress legten die Veranstalter den Schwerpunkt auf Höhlenforschung und Unterwasser-Archäologie.

Bunker, Verkehrstunnel, Katakomben und Zisternen – die Unterwelten Europas sind vielseitig. Während unzählige Denkmäler auf der Oberfläche den Wandel der Zeit nicht überdauern konnten, haben sich im Boden Spuren der Vergangenheit auf einzigartige Weise erhalten. Unter unseren Füßen existieren Orte, die nahezu ungefilterte Einblicke in die Geschichte erlauben.

Während der Recherchen zu meinem Buch „Unter dem Asphalt“ gab es eigentlich keine Stadt, in der ich nicht Menschen kennengelernt hätte, die sich mit großer Leidenschaft für „ihre“ Unterwelten engagieren. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese verborgenen Bauwerke zu untersuchen, zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit leisten sie einen wichtigen kulturellen Beitrag zum Verständnis der Geschichte Europas. Ich freute mich darauf, auch auf dem Kongress in Rom wieder viele neue Experten der Unterwelt kennenzulernen, von ihren Projekten zu erfahren – und von ihrer Begeisterung angesteckt zu werden.

Auf der Hypogea 2015 in Rom (Foto: Leoni Hellmayr)
Auf der Hypogea 2015 in Rom (Foto: Leoni Hellmayr)

Zahlreiche Vorträge wurden gehalten. Da der diesjährige Kongress von italienischen Vereinen organisiert wurde, lag ein Schwerpunkt auf den unterirdischen Räumen des Gastgeberlandes: So haben nicht nur unter Rom und Neapel, sondern auch unter vielen anderen italienischen Städten jahrhundertealte Steinbrüche bis heute überdauert. Aus diesen bezogen die Bewohner das Baumaterial für ihre Städte. Auch später ließen sie die Hohlräume nicht ungenutzt, sondern verwendeten sie auf unterschiedlichste Weise weiter. Für die Forscher liegt heute die Herausforderung insbesondere darin, diese Räume zu restaurieren und dauerhaft zu stabilisieren. In Italien, aber auch in der Türkei existieren besonders viele Zisternen und Aquädukte aus der Antike. Sie zeugen von den bautechnischen Leistungen, mit denen die Menschen einst Trinkwasser aus weit entfernten Regionen in ihre Städte und Siedlungen beförderten. So haben Archäologen erst kürzlich an den Ufern des Küçükçekmece-Sees westlich von Istanbul zwei noch fast intakte Tunnel für die Wasserversorgung aus der Spätantike entdeckt. In den kommenden Jahren müssen die Forscher noch vielen offenen Fragen über diese Tunnel nachgehen. Auch zu den Unterwelten von Osteuropa wurden viele Vorträge gehalten, u.a. über die rund 6000 (!) natürlichen wie auch künstlichen schon erforschten Höhlen in Bulgarien oder die unterirdischen, in Felsen gehauenen Komplexe in Georgien. Ihre Ursprünge reichen zum Teil bis in das 5. Jahrhundert v. Chr. zurück.
Neben den Vorträgen organisierten die Veranstalter für die Teilnehmer mehrere Touren in den Untergrund von Rom: Hinab ging es zunächst in eines der besterhaltenen Mithräen Roms, in der Nähe des Circus Maximus gelegen. Es wurde im 3. Jahrhundert n. Chr. erbaut und bewahrt seit dieser Zeit ein besonders schönes Mithrasrelief aus Marmor.

Im Mithräum in der Nähe des Circus Maximus (Foto: Leoni Hellmayr)
Im Mithräum in der Nähe des Circus Maximus (Foto: Leoni Hellmayr)

Unter einem Wohnhaus im Stadtviertel Travestere stiegen wir über mehrere Stockwerke 20 Meter in die Tiefe hinab, um schließlich auf dem originalen Straßenpflaster des antiken Roms zu stehen. Ganz besonders beeindruckt war ich auch von einem mittelalterlichen Tuffsteinbruch unweit vom Kolosseum.

Tuffsteinbruch im Cave del Claudium (Foto: Leoni Hellmayr)
Tuffsteinbruch im Cave del Claudium (Foto: Leoni Hellmayr)

Nach den interessanten Diskussionen und Gesprächen in Rom ist mir persönlich einmal mehr klar geworden, wie wichtig der zukünftige Austausch und die Vernetzung der europäischen Untergrund-Vereine sind. Denn vielen dieser Vereine fehlt es (abgesehen von den finanziellen Mitteln) häufig auch an realisierbaren Plänen, um die unterirdischen Denkmäler in ihrer Region angemessen und dauerhaft sichern zu können. Der Kongress HYPOGEA hat eine Plattform geboten, um Erfahrungen austauschen zu können.

20 Meter unter der Oberfläche: Unterwegs auf dem originalen Straßenpflaster des antiken Roms (Foto: Leoni Hellmayr)
20 Meter unter der Oberfläche: Unterwegs auf dem originalen Straßenpflaster des antiken Roms (Foto: Leoni Hellmayr)

Mit vielen spannenden Eindrücken kehrte ich nach fünf Tagen in Rom wieder nach Berlin zurück. Den nächsten Termin des Kongresses habe ich mir bereits vermerkt: 2017 in Kappadokien. Schon jetzt freue ich mich darauf, die unterirdischen Städte dieser Region und viele andere Unterwelten kennenzulernen!

Von der Schließung bedroht

In Saarbrücken steht die Archäologie an der Universität des Saarlandes vor dem Aus! Zwei Petitionen wollen für den Erhalt kämpfen. Die Vor- und Frühgeschichte und die Klassische Archäologie bitten beide um Unterzeichnung und Verbreitung:

Zur Petition der Klassischen Archäologie geht es hier.

Zur Petition der Vor- und Frühgeschichte geht es hier.

Über die Gründung Karthagos

Im Rahmen der Erforschung der antiken Mittelmeermetropole Karthago durch das Deutsche Archäologische Institut (Rom) und das Institute National du Patrimoine (Tunis) konnte in enger Zusammenarbeit mit Tübinger Wissenschaftlern des SFB 1070 RessourcenKulturen eine 14C-Datierungsreihe zur Untersuchung der Siedlungschronologie der frühen phönizischen Stadt durchgeführt werden.

Dabei wurden u.a. Rinderknochen aus den ältesten Siedlungsschichten im Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat untersucht, dem „Quartier Didon“, einem Wohnviertel mit hochaufragend erhaltener, archaischer Bebauung in der Küstenebene der phönizischen Stadt. Die 14C-Untersuchungen dieser Knochen aus dem archaischen Siedlungsareal erbrachten durchgehend Datierungen, die in die Zeit zwischen 850 und 800 v. Chr. weisen.

Die Datierungen fallen damit in jene Zeit, die antike Historiker für die Gründung Karthagos ansetzen: nach Timaios von Tauromenion im 38. Jahr vor der ersten Olympiade (814/13 v. Chr.), nach Menander von Ephesos, der sich auf Dokumente aus Karthagos Mutterstadt Tyros beruft, im siebten Regierungsjahr des tyrischen Königs Pygmalion (zwischen 825 und 820 v. Chr.). Da die methodisch voneinander unabhängigen historischen und naturwissenschaftlichen Datierungsverfahren sich gegenseitig stützen, kann nun mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Gebiet Karthagos bereits in der 2. Hälfte des 9. Jhs. besiedelt war.

Quartier Didon: Blick in die Tiefe der Zeit

Das „Quartier Didon“, wie das Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat zukünftig genannt werden wird, bietet aufgrund der hervorragenden Erhaltung gerade der archaischen Befunde einen für Karthago einzigartigen Einblick in die Frühphase der Siedlungsgeschichte der phönizischen Kolonie. Hier waren auf einer Fläche von knapp 550 m² bereits von Friedrich Rakob in den 1990er Jahren die Reste mehrerer archaischer Bauten freigelegt worden, die sich über einer Planierungsschicht aus Lehm erheben, mit der das zum Meer hin abfallende Siedlungsareal erschlossen wurde.

Nach neueren Forschungen handelt es sich bei diesen Baustrukturen um mindestens drei Häuser, deren Räume sich um Innenhöfe gruppieren und die über gemeinsame Außenmauern zu größeren Baueinheiten zusammengefasst werden. In den aus Kalkstein- und verputzten Lehmziegelmauern errichteten Häusern fanden sich mehrere Brunnen, Feuerstellen und Öfen, die einen Einblick in das Leben der phönizischen Kolonisten erlauben. Die einheitliche Orientierung der Häuser, die durch die Nutzung gemeinsamer Mauern deutlich wird, lässt bereits für die frühesten Bauten des „Quartier Didon“ auf eine einheitliche städtebauliche Planung schließen. Dieses stadtplanerische Konzept wird auch in den folgenden archaischen Bauphasen beibehalten. So lassen sich vielfache Umbauten und Geländeaufhöhungen in den Häusern nachweisen, die gründungszeitliche Orientierung der Bauten bleibt jedoch erhalten.

Die neuen Forschungen belegen nachdrücklich, dass Karthago von Beginn an in das Netzwerk der phönizischen Niederlassungen im zentralen und westlichen Mittelmeerraum integriert war, wie das reiche Fundmaterial der Grabungen zeigt. Neben lokal gefertigten Keramiken, belegen importierte Gefäße aus Spanien, Griechenland und dem östlichen Mittelmeer die weitreichenden Beziehungen der Siedler.

Weitere Infos gibt es hier.

Quelle:

Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Weltweit größter antiker Steinblock in Baalbek entdeckt

Der monolithische Block im Steinbruch von Baalbek ist 19,60 m lang, 6 m breit und mindestens 5,5 m. Sein Gewicht wird auf ca. 1650 Tonnen geschätzt. Nun soll erforscht werden, warum der Steinblock nicht fertiggestellt wurde und im Steinbruch verblieb – und mit welchen Mitteln er überhaupt hätte transportiert werden können.

Im Sommer 2014 führte die Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts Ausgrabungen im Steinbruch von Baalbek durch. Dort liegt, seit langem bekannt, der megalithische Steinblock „Hajjar al-Hibla“. Steinblöcke wie diese, mit einer Länge von etwa 20 Metern und einem Querschnitt von ca. 4 x 4 m, wurden für das Podium des riesigen Jupiter-Tempels im römischen Heiligtum von Baalbek verbaut.

Ziel der diesjährigen Ausgrabungen war es, neue Daten zur Abbautechnik sowie zum Transport dieser Megalithen zu finden. Es wurden Bearbeitungsspuren dokumentiert und die alten, durch die Steinbrucharbeiten entstandenen Abfallhalden nach datierbaren und stratifizierbaren Keramikscherben und Kleinfunden untersucht.

Wie nun nachgewiesen werden konnte, blieb der Steinblock „Hajjar al-Hibla“ im Steinbruch liegen, weil sich seine Steinqualität in einer Ecke als minderwertig erwies und ein natürlicher Riss den Block vermutlich beim Transport hätte brechen lassen.

In der Steinlage unter dem „Hajjar al-Hibla“ und direkt neben diesem, befindet sich ein weiterer megalithischer Steinblock, der dessen Maße um einiges übertrifft: er ist 19,60 m lang, 6 m breit und mindestens 5,5 m hoch. Um die genaue Höhe feststellen zu können, muss die archäologische Sondage in einer nächsten Ausgrabungskampagne erweitert werden. Konnte man das Gewicht des „Hajjar al-Hibla“ mit knapp 1000 Tonnen berechnen, bringt der neue Steinblock etwa 1650 Tonnen auf die Waage. Da eine Schmalseite bereits sehr gut geglättet ist und die Vorgaben für die Glättung einer Langseite erhalten sind, muss geplant gewesen sein, den Block in diesen Gesamtmaßen auszuliefern und zu transportieren. Es handelt sich damit um den bislang größten bekannten Steinblock aus der Antike.

Die Arbeiten standen unter der örtlichen Leitung von Prof. Dr. Jeanine Abdul Massih, Lebanese University/derzeit Senior Fellow des Exzellenzclusters TOPOI und langjährige Kooperationspartnerin im Baalbek-Projekt der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (Leitung Dr. Margarete van Ess). Die Forschungen fanden in enger Kooperation mit der libanesischen Antikenverwaltung statt. Sie wurden aus Mitteln des Deutschen Archäologischen Instituts und des Excellenzclusters TOPOI finanziert.

 

Quelle:
Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Neue Grabstele auf dem Kerameikos in Athen entdeckt

Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts stießen bei den aktuellen Ausgrabungen überraschend auf eine Familienstele.

Die Ausgrabungen konzentrieren sich auf einen Abschnitt der Heiligen Straße, die von Athen nach Eleusis führte. Der Fundort liegt wenige Meter stadteinwärts, unweit des Heiligen Tores, ganz am Rande des archäologischen Parks. Das Fragment stammt von einer sog. Familienstele. Es zeigt eine sitzende Frau und ein kleines Mädchen im Vordergrund, im Hintergrund stehend eine weitere Frau und einen bärtigen Mann.

Von der Darstellung ist ungefähr die Hälfte erhalten, auf der verlorenen rechten Hälfte waren wohl 2-3 weitere Personen dargestellt. Auf dem Architrav der Giebelstele ist schwach eine Inschrift zu lesen, die einen Mann namens Demostratos als Grabinhaber nennt. Die Form der Grabstele sowie der Typus und der Stil der Darstellung machen deutlich, daß das Grabdenkmal ursprünglich im dritten Viertel des 4. Jahrhunderts v.Chr. aufgestellt worden ist.

Das Grabrelief war ursprünglich vermutlich in der Nekropole entlang der Straße vor dem Heiligen Tor aufgestellt. Es wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom ursprünglichen Platz genommen und als Baumaterial, wegen der Beschaffenheit der Oberfläche wohl zunächst als Türschwelle, wiederverwendet. Im Zuge der Erneuerung des kommunalen Wassersystems von Athen im 6. Jahrhundert n. Chr. hat man das Fragment schließlich zum dritten Mal, als Abdeckung für eine Abwasserleitung unter der Heiligen Straße verwendet.

Mehr Infos gibt es hier.

Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Scanstraße CultLab3D

Es ist eine Revolution im Museum: Mit der Scanstraße CultLab3D können Sammlungsobjekte in nur wenigen Minuten dreidimensional erfasst und in authentische digitale Modelle gerechnet werden. Waren 3D-Reproduktionstechniken von Museumsschätzen bislang teuer und vor allem zeitaufwendig, bietet die neue, rund sieben Meter lange Digitalisie-rungsstraße CultLab3D nun ein optimiertes und ökonomisches Verfahren. Entwickelt wurde sie vom Fraunhofer IGD gemeinsam mit den Staatlichen Museen zu Berlin und dem Liebieghaus in Frankfurt in einem vom Bun-desministerium für Wirtschaft geförderten Projekt.

Die digitale Reproduktion dreidimensionaler Objekte rückt heute zunehmend in den Vordergrund. Im Unterschied zu herkömmlichen fotografischen Methoden bilden digitale 3D-Modelle die komplette Geometrie des Objekts ab. Damit sind sie für ein breites Anwendungsspektrum das ideale Reproduktionsmedium. In vielen Bereichen der Sammlungs- oder Funddokumentation erlauben digitale 3D-Modelle eine berührungsfreie Vermessung und einen authentischeren Blick auf Materialität und Statik, als dies mit zweidimensionalen Abbildungen möglich wäre. Für die Wissenschaft und Forschung sind sie zudem oft der einzige Weg, komplexe Sachverhalte zu veranschaulichen oder den analysierenden Vergleich hypothetischer Varianten zu erlauben. Darüber hinaus lassen sich mittels 3D-Modelle attraktive Vermittlungsangebote entwickeln – von der virtuellen Rekonstruktion fragmentierter historischer Bauten und Objekte bis zur Nutzung im Bereich der Augmented Reality. Auch die Anfertigung von Repliken im Maßstab 1:1 ist möglich.

Noch bis zum 7. November 2014 ist CultLab3D in Berlin (Kulturforum) und digitalisiert in einem Testlauf Statuetten der Antikensammlung, Keilschrifttafeln des Vorderasiatischen Museums, Objektkunst aus den Sammlungen der Kunstbibliothek, Blasinstrumente der musikethnologischen Sammlung des Ethnologischen Museums, Objekte des Ägyptischen Museums sowie der Gipsformerei, aber auch kleinere Objekte wie Münzen aus dem Münzkabinett (Sonderausstellungshalle am Kulturforum (Untergeschoss). Der Testlauf dient der Weiterentwicklung der Scanstraße und der Evaluierung des Verfahrens. Herausgefunden werden soll, welche spezifischen Anforderungen in der Museumspraxis zu berücksichtigen sind, welches die Vorteile gegenüber den bisherigen Verfahren sind und wie die Technik zu optimieren ist.

 

Weitere Infos zum CultLab3D gibt es hier.

 

Quelle:

Birgit Jöbstl
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Bisher unbekannte antike Kultstätte bei Ausgrabungen in Didyma entdeckt

Archäologen des von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste geförderten Forschungsprojektes „Kulte im Kult“ haben im bekannten Orakelheiligtum des Apollon in Didyma (Türkei) das Fundament eines hellenistischen Tempels entdeckt. Die Forscherinnen und Forscher vermuten, den seit Jahrzehnten gesuchten Tempel der Artemis, der Zwillingsschwester Apollons, gefunden zu haben.

Bei den Ausgrabungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Didyma wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Helga Bumke (Universität Halle-Wittenberg) im vergangenen Jahr Teile dieses Fundaments freigelegt. Ihr Zusammenhang und ihre Bedeutung konnten aber erst jetzt zweifelsfrei erklärt werden. So gelang es durch die Ausgrabungen sowohl den Grundriss des etwa 12 x 32 m großen Fundamentes vollständig zu ermitteln als auch seine aufgehende Architektur weitgehend zu rekonstruieren.

Aus antiken Inschriften ist bekannt, dass in Didyma neben Apollon noch weitere Gottheiten verehrt wurden, insbesondere Artemis, Zeus und Aphrodite, die teilweise auch eigene Kultbauten besessen haben sollen. Allerdings konnten diese bisher nie gefunden werden, obwohl deutsche Archäologen bereits seit 1906 in Didyma forschen. Jahrzehntelang wurde vergeblich versucht diese Kultstätten zu lokalisieren. Architekturteile von Kultbauten traten seit Beginn der deutschen Ausgrabungen im Jahre 1906 zwar immer wieder zutage, doch Gebäudefundamente wurden überhaupt nicht gefunden, so dass die antike Gestalt des Gesamtheiligtums ebenso wie der Zusammenhang seiner sakralen Strukturen bis heute im Dunkeln blieben – bis nun dem Team um Prof. Dr. Helga Bumke der Durchbruch gelang.

Bemerkenswert ist, dass die Ausmaße und die architektonische Ausgestaltung des neuen Tempels darauf hindeuten, dass er im 2. Jh. v. Chr. nach dem Vorbild des zentralen Kultbaus des Apollon entworfen wurde, eines kleinen ionischen Tempels, der im Innenhof des monumentalen Apollontempels stand. Die These der Forscherinnen und Forscher: dies ist der in den Inschriften bezeugte Tempel seiner Zwillingsschwester Artemis.
Endgültige Gewissheit über den göttlichen Inhaber des Tempels werden aber erst weitere Grabungen und Forschungen bringen. So gilt es nun, den zugehörigen Altar zu lokalisieren und Aufschluss über die unmittelbare Umgebung des Tempels zu erhalten.
Seit 2009 verfolgt das Akademieprojekt „Kulte im Kult“ im Rahmen der Erforschung außerstädtisch gelegener Heiligtümer das Ziel, die Kulttopographie von Didyma durch archäologische Feldforschungen zu erschließen.

Weitere Infos zu der Kultstätte in Didyma gibt es hier.

Quelle:
Dirk Borhart
Presse und Kommunikation
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und Künste

Speiseplan der römischen Gladiatoren

Römische Gladiatoren ernährten sich überwiegend vegetarisch und nahmen nach dem Training einen Aschetrunk als Tonikum zu sich. Das haben anthropologische Untersuchungen an Knochen von Kämpfern, die bei Ausgrabungen im antiken Ephesos gefunden wurden, ergeben.

Historische Quellen berichten, dass Gladiatoren eine eigene Diät hielten. Diese bestand aus Bohnen und Getreide. In zeitgenössischen Berichten werden sie als «hordearii» («Gerstenfresser») bezeichnet.
In einer Studie des Departments für Gerichtsmedizin der Medizinischen Uni Wien in Kooperation mit der Abteilung für Anthropologie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern wurden Knochen eines im Jahr 1993 gefundenen Gladiatorenfriedhofs aus dem 2./3. Jahrhundert nach Christus im damals römischen Ephesos (heutige Türkei) untersucht. Ephesos war damals die Hauptstadt der römischen Provinz Asia und hatte über 200’000 Einwohner.

Mit Hilfe von spektroskopischen Methoden wurden stabile Isotopenverhältnisse (Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel) im Kollagen der Knochen sowie das Verhältnis von Strontium zu Calcium im Knochenmineral untersucht.

Das Ergebnis zeigt, dass sich Gladiatoren hauptsächlich pflanzlich ernährten. Hier gab es kaum Ernährungsunterschiede zur örtlichen «Normalbevölkerung». Auf dem Speiseplan standen vor allem Getreidegerichte und fleischlose Kost. Das Wort «Gerstenfresser» bezieht sich hier darauf, dass Gladiatoren wohl Getreide von minderer Qualität erhielten. «Man könnte annehmen, dass Gladiatoren besonders viel Fleisch bekommen haben», sagt Sandra Lösch vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, die als Anthropologin die Isotopenanalysen gemacht hat, «aber wir haben keine signifikanten Unterschiede zur Normalbevölkerung von Ephesos gefunden.»

Aufbautrunk nach körperlicher Anstrengung

Hoch signifikant ist der Unterschied zwischen Gladiatoren und Normalbevölkerung bei dem gemessenen Strontium-Anteil in den Knochen. Das lässt auf eine gesteigerte Mineralaufnahme der Gladiatoren aus einer Strontium-reichen Calciumquelle schliessen. Den in der Literatur überlieferten Aschetrunk gab es wohl wirklich.

«Pflanzliche Asche wurde offenbar zur Kräftigung nach körperlicher Anstrengung und zur verbesserten Knochenheilung eingenommen», erklärt Studienleiter Fabian Kanz vom Department für Gerichtsmedizin der MedUni Wien, «da verhielt es sich ähnlich wie heutzutage die Einnahme von Magnesium und Calcium (etwa in Form von Brausetabletten) nach körperlicher Anstrengung.» Calcium ist essentiell für den Knochenaufbau und kommt üblicherweise vor allem in Milchprodukten vor.

Ein weiterführendes Forschungsprojekt zielt auf die Migration der Gladiatoren ab, die oft aus unterschiedlichen Gebieten des römischen Reiches nach Ephesos kamen. Ein Vergleich der Knochendaten der Gladiatoren mit jenen der lokalen Tierwelt wird hier so manchen Unterschied erkennbar machen, hoffen die Forscher.

Weitere Infos zur Ernährung der Gladiatoren gibt es hier.

Quelle:
lic. phil. Nathalie Matter
Abteilung Kommunikation
Universität Bern