Jahrringe aus Asien erklären historische Pestausbrüche in Europa

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Oslo und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL konnten erstmals zeigen, dass klimatisch gesteuerte Pestausbrüche in Asien während mehrerer Jahrhunderte wiederholt die südeuropäischen Hafenstädte erreichten. Diese Erkenntnis widerlegt die bisherige Annahme, der „Schwarze Tod“ sei 1347 AD auf eine einmalige Einführung des Bakteriums Yersinia pestis 1347 AD von Asien nach Europa zurückzuführen. Ihre Ergebnisse wurden diese Woche in Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States publiziert.

Bis heute konzentrierte sich die Wissenschaft auf die Suche nach natürlichen Langzeit-Reservoiren von Yersinia pestis in Europe. Zudem hat man auch nach Klimafaktoren gesucht, welche möglicherweise zum „Schwarzen Tod“ in der Mitte des 14. Jhd. beigetragen haben. Forscher der Universität Oslo und der WSL fanden nun neue Hinweise, dass eine einmalige Einwanderung des Bakteriums aus den Asiatischen Pestherden in die mediterranen Hafenstädte Europas unwahrscheinlich war.

Anstatt eines singulären Ereignisses, das die europäische Bevölkerung binnen weniger Jahre nach 1347 AD um geschätzte 40-60% dezimierte, gehen die Forscher nun davon aus, dass die Populationsdichte zentralasiatischer Nagetiere stark schwankte und der Auslöser für das wiederholte Auftreten der Pest im mittelalterlichen Europa war. Während mehr als vier Jahrhunderten haben zahlreiche Epidemien nicht nur die sozioökonomische Entwicklung, sondern auch die Kultur, Kunst und Religion des gesamten Kontinents massgeblich beeinflusst. Der Vergleich des umfangreichsten digitalen Inventars historischer Pestausbrüche (7711 Fälle) mit 15 Klimarekonstruktionen, basierend auf jährlich aufgelösten und absolut datierten Jahrringen, zeigte, dass Pestausbrüche in Asien mehrfach bis nach Europa gelangten.

Die Wissenschaftler konnten statistische Zusammenhänge zwischen hochaufgelösten Klimarekonstruktionen und der Populationsdichte sowie der Häufigkeit von Pestepidemien innerhalb des wichtigsten Pest-Wirtes, der Wüstenrennmaus (Rhombomys opimus), nachweisen. Die neuen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass sich das Bakterium Yersinia pestis nach extrem niederschlagsreichen Jahren im natürlichen Verbreitungsgebiet Zentralasiens, zum Beispiel in Kasachstan, über die pan-eurasischen Handelswege der Seidenstrasse ausbreiten konnte; mit einer Verzögerung von 10-15 Jahren erreichte der Erreger Europa.

Gemeinsam gelang es den Schweizer und Norwegischen Kollegen, die bisherige Sichtweise von einer einmaligen Herkunft der Pest auf sich wiederholende, klimagesteuerte Ausbrüche in den natürlichen Herden Asiens zu richten. Ihre Resultate zweifeln die vorherrschende, jedoch nur wenig begründete Meinung an, Yersinia pestis habe ein permanentes, natürliches Reservoir in wild lebenden Tieren Europas gehabt, beispielsweise in der Hausrattenpopulation. Aufgrund der neuen Forschungsergebnisse gehen sie davon aus, dass sich neue Stämme mehrfach in Asien ausbreiteten und immer wieder den Weg nach Europa fanden.

Eine endgültige Bestätigung dieser Hypothese hängt jedoch von der Verfügbarkeit genetischer Proben historischer Pestopfer ab. Diese müssten im Idealfall sowohl aus unterschiedlichen Zeitepochen als auch aus mehreren Regionen in Eurasien stammen. Aufgrund der aktuellen Entwicklung der aDNA Forschung ist davon auszugehen, dass internationale Kooperationen über bestehende Disziplingrenzen hinweg voraussichtlich neue Erkenntnisse in eine faszinierende Thematik an der Schnittstelle zwischen Geschichte und Umweltwissenschaften liefern werden.

 

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Quelle:
Reinhard Lässig
Medienkontakt WSL Birmensdorf
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Keilschrift: Tontafeln am Computer rekonstruiert

Für die Altorientalistik kommt es einer Revolution gleich: Durch hoch aufgelöste 3D-Scans antiker Keilschrifttafeln und mit neu entwickelten Computerprogrammen erweitert sich der Forschungshorizont. Wissenschaftler aus Würzburg, Dortmund und Mainz treiben das einzigartige Projekt voran.

In den drei Jahrtausenden vor Christi Geburt war im Vorderen Orient eine Hochkultur entwickelt, die viele Informationen über sich hinterlassen hat: auf Tontafeln, beschrieben in Keilschrift. Bei dieser Art des Schreibens wurden keilförmige Buchstaben mit Schreibgriffeln in feuchte Tonplatten gedrückt, die schließlich getrocknet wurden – fertig war ein lange haltbares Schriftstück.

Bis heute hat man über 500.000 solche Tafeln entdeckt. Sie bieten spannende Einblicke in die Welt des Alten Orients. Die Texte schildern die Herstellung von Heilmitteln gegen Krankheiten, den Verlauf von Kriegen, religiöse Rituale oder bürokratische Akte. Auf einer sehr gut erhaltenen königlichen Landschenkungsurkunde zum Beispiel ist genau aufgeschrieben, wer an der Schenkung beteiligt war und welche Personen als Zeugen dabei waren.

Altorientalisten können die Keilschrift zwar lesen, doch die Entzifferung ganzer Texte ist bisweilen mühselig oder sogar unmöglich. Das liegt daran, dass die Jahrtausende alten Tontafeln meist in kleine Teile zerbrochen und über Museen in der ganzen Welt verstreut sind. „Wir stehen im Prinzip vor Tausenden von durcheinander geworfenen Puzzlespielen, die wir erst sortieren und zusammensetzen müssen, bevor wir sie lesen können“, sagt Gerfrid Müller, Professor am Lehrstuhl für Altorientalistik der Universität Würzburg.

Antike Puzzleteile mit High-Tech ordnen

Die Rekonstruktion antiker Tontafeln als Puzzlespiel: Diese Arbeit wird sich künftig viel leichter und zuverlässiger erledigen lassen – dank eines Forschungsprojekts, das seit zwei Jahren sehr erfolgreich läuft. Altertumswissenschaftler und Informatiker entwickeln dabei Methoden, mit denen sich Tontafelfragmente und die Schrift darauf mit hoher Präzision analysieren lassen. Gefördert wird das Projekt „3D-Joins und Schriftmetrologie“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

„Revolutionär und weltweit einmalig“ sei das, was bisher erarbeitet wurde, sagt Projektleiter Müller: Zuerst erfassen die Wissenschaftler die Bruchstücke der Tontafeln mit hochauflösenden 3D-Scannern. Mit den Daten entwickeln Informatiker dann neue Methoden, um die Eigenheiten der Tafeln und der Schriften genau zu erfassen. Im letzten Schritt werden die Puzzleteile computergestützt aneinandergepasst: Am Bildschirm entstehen dann rekonstruierte 3D-Modelle von Tontafeln, an denen die Altorientalisten mit der Textarbeit beginnen können.

Schriftstile einzelner Schreiber im Blick

Ein Schwerpunkt des Projekts liegt auf der Analyse der Schriftstile. Geht das überhaupt? Schließlich kannte man im Alten Orient ja keine Handschrift wie im heutigen Sinne. Doch auch die antiken Schreiber zeigten einen jeweils ganz eigenen Stil, wenn sie mit ihren Griffeln die weiche Tonmasse bearbeiteten: Mancher zog den Griffel so schwungvoll aus dem Ton, dass dabei eine Art „Schnörkel“ entstand, ein anderer drückte die Buchstaben in jeweils ganz charakteristischen Abständen in die Tafel.

Solche Eigenheiten der Schreiber lassen sich an den hochaufgelösten 3D-Modellen genau analysieren. Mit dieser Methode können die Altorientalisten das Tontafel-Puzzle am Ende auch aufgrund von Schriftmerkmalen zusammenfügen. „Wir haben bereits festgestellt, dass eine bislang für korrekt gehaltene Tafelrekonstruktion nicht stimmen kann“, sagt Müller. Die bisherige Vorgehensweise beim Puzzeln – anhand von Gipsabgüssen, Fotografien und Textabschriften – war da einfach zu ungenau. Die neue Methodik ermöglicht jetzt ein einfacheres, schnelleres und zuverlässigeres Zusammensetzen der Tontafeln.

Tontafeln aus Hattuscha im Mittelpunkt

Für das Projekt haben sich die Forscher zunächst auf Keilschrifttexte aus der antiken Stadt Hattuscha in Ostanatolien konzentriert. Diese Texte werden seit 2001 von der UNESCO als Weltkulturerbe geführt; mit ihrer Aufarbeitung ist federführend die Forschungsstelle „Hethitische Forschungen“ der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz befasst.

Unter den 30.000 Textfragmenten aus Hattuscha ist eine Gruppe von 6.000 bis 9.000 Fragmenten für die Wissenschaftler besonders interessant. Darauf sind Festrituale beschrieben, und die Kultanweisungen wiederholen sich sehr häufig – das heißt, die Puzzleteile sehen sich alle sehr ähnlich. Mit den herkömmlichen Mitteln sind diese Tafeln darum außerordentlich schwer zu rekonstruieren. Mit der neuen Technik sollte das relativ einfach gelingen.

Scans aus Ankara, Berlin und Istanbul

Bislang haben Müller und sein Mitarbeiter Michele Cammarosano 1.800 Tafelfragmente aus dem Fund von Hattuscha eingescannt. Dr. Cammarosano war dafür unter anderem in Museen in Ankara, Berlin und Istanbul tätig. Seine Scan-Arbeit geht weiter, und auch die beteiligten Informatiker tüfteln an neuen Algorithmen. Unter anderem wollen sie erreichen, dass sich auch die Krümmung der Tafelfragmente für die Zuordnung im Puzzle ausnutzen lässt.

Keilschrift-Datenbank für die Forschung

Als mittelfristiges Ziel des Projekts nennt Gerfrid Müller eine Keilschriftdatenbank, die übers Internet öffentlich und für andere Forschungsgruppen zugänglich gemacht werden soll. Das könnte voraussichtlich 2016 der Fall sein. Die Altorientalisten der Welt können ab dann noch besser daran arbeiten, aus den Keilschrifttexten mehr über den Alten Orient zu erfahren.

Projektpartner aus Dortmund, Mainz und Würzburg

Bei diesem Projekt kooperiert der Würzburger Lehrstuhl für Altorientalistik (Projektleiter Gerfrid Müller und Michele Cammarosano) mit der Forschungsstelle „Hethitische Forschungen“ der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Gernot Wilhelm) sowie mit dem Lehrstuhl für Graphische Systeme (Informatik VII) der Technischen Universität Dortmund (Denis Fisseler und Frank Weichert).

 

Mehr Infos zu dem Projekt gibt es hier.

 

Quelle:
Robert Emmerich
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Pyramiden der Welterbestätte Meroë

S.E. Sheikh Hassan bin Mohammed bin Ali Al Thani, Stellvertretender Vorsitzender von Qatar Museums (QM) unterzeichnete heute einen Vertrag mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI). Das Deutsche Archäologische Institut wurde von Sheikh Hassan eingeladen, an der von ihm geleiteten Qatari Mission for the Pyramids of Sudan (QMPS) mitzuarbeiten. Damit startet noch in diesem Jahr ein groß angelegtes Projekt, um die bedeutenden Denkmäler vor weiterem Verfall zu schützen.

Die antike Stadt Meroë war in den Jahrhunderten um Christi Geburt die Hauptstadt des Königreiches von Kusch. Sie liegt im heutigen Sudan, etwa 220 Kilometer nördlich der modernen Metropole Khartoum. Im schmalen Fruchtlandstreifen des Niltals wurde Meroë als prachtvolle Residenzstadt mit großzügigen Wohngebäuden, Tempeln und den einzigartigen Königlichen Bädern am rechten Nilufer zwischen dem 6. und 5. Katarakt erbaut. Östlich der Stadt liegen am Rand der Wüste die königlichen Nekropolen mit ihren charakteristischen steilwandigen Pyramiden. Durch Umwelteinflüsse, besonders durch die seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts aufgrund von Bodenerosion zunehmenden Sandstürme, sind die Pyramiden akut gefährdet. Es gilt diese wichtigen Zeugnisse der frühen Kulturen des Nil zu konservieren und behutsam zu restaurieren.

2011 wurde Meroë von der UNESCO in die Welterbe-Liste aufgenommen. Konzepte für den Erhalt der Welterbestätte und zu deren touristischer Erschließung sind wichtige Bestandteile der Nominierung. Ziel der Qatari Mission for the Pyramids of Sudan (QMPS) ist es, in Zusammenarbeit mit internationalen Spezialisten die Pyramiden der Welterbestätte Meroë zu bewahren. Das Projektvolumen ist derzeit bei 3 Mio US $ angesetzt. Das Pyramidenprojekt ist ein zentraler Baustein eines weiter gefassten Forschungsnetzwerkes.

Qatar Museums (QM) und die Antikenbehörde des Sudan, die Sudanese National Corporation for Antiquities & Museums (NCAM), haben mit dem Qatar Sudan Archaeological Project die Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen in Forschungsprojekten zum Sudan geschaffen. Auch das Deutsche Archäologische Institut ist mit Projekten zu den königlichen Bädern in Meroë und zur Stadt Hamadab an dem groß angelegten Forschungsnetzwerk beteiligt.

Die deutsche Forschung blickt im Sudan auf eine lange Tradition zurück. Grundlegende Arbeiten zur Architektur und Kultur des Mittleren Niltals leistete seit etwa 1960 der Architekt und Bauforscher Friedrich W. Hinkel, der 2007 verstarb und das weltweit umfangreichste Archiv zur Archäologie und Baugeschichte des antiken Sudan hinterließ. Das Archiv wird heute im Deutschen Archäologischen Institut aufbewahrt. 2014 startete das Qatar Sudan Archaeological Project und das Deutsche Archäologische Institut eine Kooperation zur Digitalisierung des Archivs. Als Ergebnis wird das Digitale Friedrich Hinkel Forschungszentrum 2017 während des bilateralen Kulturjahrs zwischen Deutschland und Katar eröffnet. Es entsteht damit eine virtuelle Forschungsumgebung, die sich an zwei Orten, in Berlin und in Khartoum, mit entsprechenden Arbeitsumgebungen konkretisieren wird und im Sudan zur wichtigen Grundlage für den Ausbau der digitalen Erfassung des kulturellen Erbes werden wird. Die digitale Erfassung und Verwaltung von Kulturdenkmälern ist heute Grundlage für einen umfassenden Schutz des kulturellen Erbes und ein unverzichtbares Werkzeug jeder Denkmalbehörde.

Weitere Infos über das Qatar Sudan Archaeological Project findet ihr hier.

Quelle:

Nicole Kehrer
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Archäologisches Institut

 

Speiseplan der römischen Gladiatoren

Römische Gladiatoren ernährten sich überwiegend vegetarisch und nahmen nach dem Training einen Aschetrunk als Tonikum zu sich. Das haben anthropologische Untersuchungen an Knochen von Kämpfern, die bei Ausgrabungen im antiken Ephesos gefunden wurden, ergeben.

Historische Quellen berichten, dass Gladiatoren eine eigene Diät hielten. Diese bestand aus Bohnen und Getreide. In zeitgenössischen Berichten werden sie als «hordearii» («Gerstenfresser») bezeichnet.
In einer Studie des Departments für Gerichtsmedizin der Medizinischen Uni Wien in Kooperation mit der Abteilung für Anthropologie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern wurden Knochen eines im Jahr 1993 gefundenen Gladiatorenfriedhofs aus dem 2./3. Jahrhundert nach Christus im damals römischen Ephesos (heutige Türkei) untersucht. Ephesos war damals die Hauptstadt der römischen Provinz Asia und hatte über 200’000 Einwohner.

Mit Hilfe von spektroskopischen Methoden wurden stabile Isotopenverhältnisse (Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel) im Kollagen der Knochen sowie das Verhältnis von Strontium zu Calcium im Knochenmineral untersucht.

Das Ergebnis zeigt, dass sich Gladiatoren hauptsächlich pflanzlich ernährten. Hier gab es kaum Ernährungsunterschiede zur örtlichen «Normalbevölkerung». Auf dem Speiseplan standen vor allem Getreidegerichte und fleischlose Kost. Das Wort «Gerstenfresser» bezieht sich hier darauf, dass Gladiatoren wohl Getreide von minderer Qualität erhielten. «Man könnte annehmen, dass Gladiatoren besonders viel Fleisch bekommen haben», sagt Sandra Lösch vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, die als Anthropologin die Isotopenanalysen gemacht hat, «aber wir haben keine signifikanten Unterschiede zur Normalbevölkerung von Ephesos gefunden.»

Aufbautrunk nach körperlicher Anstrengung

Hoch signifikant ist der Unterschied zwischen Gladiatoren und Normalbevölkerung bei dem gemessenen Strontium-Anteil in den Knochen. Das lässt auf eine gesteigerte Mineralaufnahme der Gladiatoren aus einer Strontium-reichen Calciumquelle schliessen. Den in der Literatur überlieferten Aschetrunk gab es wohl wirklich.

«Pflanzliche Asche wurde offenbar zur Kräftigung nach körperlicher Anstrengung und zur verbesserten Knochenheilung eingenommen», erklärt Studienleiter Fabian Kanz vom Department für Gerichtsmedizin der MedUni Wien, «da verhielt es sich ähnlich wie heutzutage die Einnahme von Magnesium und Calcium (etwa in Form von Brausetabletten) nach körperlicher Anstrengung.» Calcium ist essentiell für den Knochenaufbau und kommt üblicherweise vor allem in Milchprodukten vor.

Ein weiterführendes Forschungsprojekt zielt auf die Migration der Gladiatoren ab, die oft aus unterschiedlichen Gebieten des römischen Reiches nach Ephesos kamen. Ein Vergleich der Knochendaten der Gladiatoren mit jenen der lokalen Tierwelt wird hier so manchen Unterschied erkennbar machen, hoffen die Forscher.

Weitere Infos zur Ernährung der Gladiatoren gibt es hier.

Quelle:
lic. phil. Nathalie Matter
Abteilung Kommunikation
Universität Bern

Digitales Forum Romanum

Der Tahrir-Platz in Kairo, der Maidan in Kiew – eindrucksvoll führen diese zwei aktuellen Beispiele vor Augen, wie öffentlichen Plätzen als Bühnen der politischen Kommunikation und des öffentlichen Handelns in den modernen Städten der Neuzeit wieder Leben eingehaucht wird. Diese Erfahrung mag überraschen, galten die urbanen Plätze lange als Relikte vergangener Zeiten, denen lediglich noch eifrige Verkehrsplaner und Touristen Beachtung schenkten. Dieses wiederbelebte Interesse an den öffentlichen Plätzen spiegelt sich auch in der historischen Stadtforschung wider, wie das Forschungs- und Lehrprojekt digitales forum romanum am Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin zeigt.

In Kooperation mit dem Exzellenzcluster Topoi und dem Architekturreferat des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) Berlin arbeiten Wissenschaftler und Studierende der Klassischen Archäologie seit 2011 an der Erstellung eines neuen digitalen 3D Modells des antiken Forum Romanum. Hier an diesem öffentlichen Platz Roms wurde Geschichte geschrieben und Politik gemacht, hier wurden die Geschicke der Stadt und des Römischen Reiches gelenkt, hier konzentrierte sich das öffentlich-politische Leben der größten Metropole der Antike über 1000 Jahre, ehe das Forum Romanum seit Ende des 19. Jahrhunderts zur berühmteste Ausgrabungsstätte im Herzen der Ewigen Stadt wurde.

„Unsere digitale Rekonstruktion des Forum Romanum ist zwar nicht die erste, aber wir verfolgen mit unserem Modell einen anderen, auch wissenschaftlich-kritischen Anspruch“, erläutert Prof. Dr. Susanne Muth vom Institut für Archäologie der Humboldt-Universität zu Berlin, die das Projekt leitet. “Wo andere digitale Rekonstruktionen ein verlorenes Erscheinungsbild des Forums primär ‚visualisieren‘, setzen wir stärker darauf, mit Hilfe unserer Rekonstruktionen das Forum besser ‚verstehbar‘ werden zu lassen.“ Entstanden ist die Idee zu diesem Forschungsprojekt im Rahmen einer interdisziplinären Forschergruppe im Exzellenzclusters TOPOI, die die Konstruktion und Wahrnehmung antiker Stadträume erforscht. Seine Realisierung gelang, indem das Projekt aus dem Forschungsverbund zwischen Humboldt-Universität und Freier Universität mit außeruniversitären Einrichtungen in die Lehre eingebunden wurde: Unter Anleitung durch Susanne Muth und den Topoi-Mitarbeiter Armin Müller (DAI Berlin) erarbeiteten Studierende der Humboldt-Universität sukzessive digitale Rekonstruktionen der Forumsbauten. Seit 2013 wurden diese dann in ein zusammenhängendes Modell des gesamten Forumsplatzes integriert.

Das neue Modell des digitalen forum romanum vereint erstmals Rekonstruktionen des Forums durch die verschiedenen Epochen und macht dadurch Entwicklungen sichtbar, die möglicherweise auch für aktuelle Diskurse zur Stadtnutzung fruchtbar sein können. „Hier erschließen wir mit unserem Modell ein spannendes und auch aufregendes Neuland. Dass die dynamischen Veränderungen des Platzes teils so einschneidend waren, war in diesem Umfang bisher nicht absehbar“, erklärt Erika Holter, Koordinatorin des Projektes.

Zwanzig Studierende haben mit viel Engagement und wissenschaftlicher Sorgfalt von Anfang an mitgearbeitet. „Die Einbindung der Studierenden in die aktuelle Forschungsarbeit hat sich als ein Glücksfall erwiesen: Für die Studierenden, indem sie unmittelbar Anteil an wissenschaftlicher Exzellenzforschung nehmen konnten, als auch für das Projekt, indem so viele Personen engagiert ihre Kompetenz einbringen konnten“, betont Susanne Muth.

Erste Ergebnisse des Projekts werden nun auf einer frei zugänglichen Website vorgestellt.

Quelle:
Hans-Christoph Keller
Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Humboldt-Universität zu Berlin

Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter

Deutsches Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven präsentiert erste Forschungsergebnisse zum Thema „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert seit Juni 2012 im Rahmen eines Schwerpunktprogramms (SPP) „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“ verschiedene Forschungsprojekte. Darin widmen sich in der Förderperiode von zweimal drei Jahren rund 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der interdisziplinären Erforschung des Phänomens „Hafen“. Die national und international beteiligten Institutionen zeigen am Donnerstag, 2. Oktober 2014, um 19.00 Uhr im Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) in einer Posterpräsentation ihre ersten Ergebnisse der interessierten Öffentlichkeit. Die Teilnahme an der Eröffnung ist kostenfrei. Die Posterpräsentation ist anschließend bis zum Sonntag, 1. Februar 2015 im DSM zu sehen.

„Häfen sind hochkomplexe Systeme, in denen sich ökologische, logistische, ökonomische, soziale, juristische, militärische und kultische Subsysteme überlagern und gegenseitig bedingen. Um das Phänomen „Hafen“ in seiner gesamten Tragweite und zeitlichen Tiefe methodisch adäquat bewerten zu können, strebt das SPP eine Identifikation dieser Subsysteme und deren Bedeutung auf das Siedlungsgeschehen selbst an“, erläutert Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner, Geschäftsführende Direktorin des DSM. Das Ziel: Um Häfen als systemrelevante Komponenten zu verstehen, sollen fächerübergreifend chronologische Hürden sowie räumliche Grenzen überwunden und Vergleichsanalysen initiiert werden.

Die Koordinatoren des Programms sind Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim, Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, Schloss Gottorf (gleichzeitig SPP Sprecher), Prof. Dr. Falko Daim, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Forschungsinstitut für Archäologie, und Prof. Dr. Peter Ettel, Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität, sowie Dr. Ursula Warnke, Direktorin am DSM.

Weit gefächerte europäische und interdisziplinäre Hafenforschung

Das dafür eingerichtete DFG-Schwerpunktprogramm möchte unterschiedliche Richtungen einer zeitlich und räumlich weit gefächerten europäischen Hafenforschung aufgreifen, interdisziplinär vernetzen und methodisch fortführen. Zudem sollen auch naturwissenschaftliche Werkzeuge weiterentwickelt und erprobt werden, die zur Erkundung und Erfassung dienen sowie den Wert und die Bedeutung von bislang unbekannten Hafenbefunden feststellen können. Dabei wird sich das SPP auf jene Häfen konzentrieren, die primär zivilen Nutzungen unterlagen, ohne dass dabei militärische Anlagen und Schnittflächen umgangen oder ausgegrenzt werden dürfen. Anlagen, die rein militärischen Zwecken dienten, werden jedoch nicht mit einbezogen, beschreibt die Webseite http://www.spp-haefen.de das Programm.

„Das Arbeitsgebiet umfasst Europa in seiner gesamten geografischen Ausdehnung. Grundgerüst der geografischen Bestimmung des Arbeitsraumes sind zum einen die Meere und Binnenmeere Europas: Atlantik, Mittelmeer, einschließlich seiner afrikanischen Küste, sowie Nordsee und Os-see, die durch Seehäfen erschlossen werden“, erläutert Warnke weiter das Programm. Zum anderen seien die großen, schiffbaren Flüsse Europas wie Rhein, Rhone, Elbe, Oder und Donau mit ihren Zuflüssen von Bedeutung, da sie eine Verbindung zwischen Nord- und Ostsee sowie Schwarzem Meer beziehungsweise Mittelmeer herstellen und Binnenhäfen aufweisen, die das Zentrum regionaler Verkehrsnetze bilden. An diese angebundenen Flussgebiete würden einerseits die ökonomischen Ressourcen des Hinterlandes anschließen und andererseits den weiträumigen Warentransfer erlauben. „Damit stellen Hafenanlagen Teile grundlegender Infrastrukturen als Schnittstelle zwischen Land und Wasser dar“, so Warnke.

Von der Römischen Kaiserzeit bis ins 13. Jahrhundert

Die von den vier Initiatoren für dieses Programm gewählte Zeitspanne reicht von der Römischen Kaiserzeit bis ins 13. Jahrhundert. Das SPP stellt auf seiner Webseite zur Diskussion: „Die Entwicklung in den einzelnen Regionen und Zeitabschnitten suggeriert bislang den Eindruck, dass sie isoliert und ohne Bezug zueinander stehen. Die bereits auf eine Jahrhunderte währende Tradition zurückblickenden Hafenanlagen des Mittelmeeres scheinen konstruktiv und funktional zunächst wenig mit den gleichzeitigen Strukturen der Binnenschifffahrt in den römischen Provinzen oder den sich im Frühmittelalter entwickelnden Seehandelsplätzen Nordeuropas vergleichbar zu sein. Dagegen vermag die Schiffsarchäologie durchaus technikgeschichtliche Verbindungen zwischen der Mittelmeerwelt und den Regionen nördlich der Alpen herzustellen. Ebenso stellt der historisch und archäologisch nachweisbare Fernhandel eine Möglichkeit für den Transfer von Kenntnissen zur baulichen Ausgestaltung und dem Betrieb von Hafenanlagen dar.“

 

Weitere Infos zum Schwerpunktprogramm „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“ gibt es hier.

 

Quelle
Imke Engelbrecht
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Schiffahrtsmuseum

Neandertaler starben vor spätestens 39.000 Jahren aus

Internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Tübingen überprüft Datierungen europäischer Funde und erstellt ein Modell der zeitlichen Abläufe in der Altsteinzeit.

Die letzten Neandertaler sind vor spätestens 39.000 Jahren ausgestorben. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam, an dem Wissenschaftler der Universität Tübingen beteiligt waren. „Das Verschwinden der Neandertaler muss früher angesetzt werden“, sagt Professor Nicholas Conard von der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen. Auch für die bisherige Annahme, dass Neandertaler im Süden der Iberischen Halbinsel besonders lange überlebt hätten, ließen sich bei erneuter Prüfung keine Hinweise finden. Die Ergebnisse der Studie werden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Seit vielen Jahren ist sich die Forschung einig, dass anatomisch moderne Menschen, von denen alle heute lebenden Menschen abstammen, und Neandertaler eine Zeit lang nebeneinander existierten. Doch wie viel Zeit und Möglichkeiten zur Begegnung die beiden Menschenarten hatten und wann die Neandertaler ausgestorben sind, stellt die Wissenschaft vor viele Rätsel. Dies liegt auch daran, dass die Radiokohlenstoffdatierung der archäologischen Funde bei Proben mit einem Alter um etwa 50.000 Jahre ihre verlässlichen Grenzen erreicht – ausgerechnet in dem Zeitraum, auf den es für die Klärung der Abläufe ankommt. Ein großes internationales Forscherteam hat nun von zahlreichen europäischen Fundstellen aus der Altsteinzeit Momentaufnahmen zusammengetragen, frühere Datierungen mit einer genaueren Methode überprüft und daraus ein, wenn auch lückenhaftes, Gesamtbild zusammengefügt. Die Ergebnisse der Studie sprechen geografisch wie auch zeitlich für eine mosaikartige Verteilung der letzten Neandertaler in Europa.

Im europäischen Mittelmeerraum tauchten die ersten anatomisch modernen Menschen vor 45.000 bis 43.000 Jahren auf. Offenbar verdrängten diese Einwanderer die europäischen Neandertaler aber nicht gleich überall bei ihrer Ankunft. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Lebenszeiten der letzten Neandertaler und der eingewanderten anatomisch modernen Menschen in Europa über einen Zeitraum von 2.600 bis 5.400 Jahren überschnitten. Die Zeit habe ausgereicht, dass Neandertaler Kenntnisse von modernen Menschen übernehmen konnten. Das Bild der Koexistenz sei komplex und ergebe ein mosaikartiges Muster.

Das Forscherteam bezog 40 archäologische Schlüsselfundstellen von Russland bis Spanien in ihre Studie ein. Die Datierung zahlreicher Funde wurde mithilfe der Beschleuniger-Massenspektrometrie nachuntersucht, die genauere Messungen zulässt als die Radiokohlenstoffdatierung. Es zeigte sich, dass mit den bisherigen Methoden und aufgrund von Verunreinigung der Proben das Alter von steinzeitlichen Überresten häufig bis zu mehrere Tausend Jahre unterschätzt worden war. „Das altsteinzeitliche Europa ist das beste Gebiet, um die Verdrängung der Neandertaler durch anatomisch moderne Menschen zu untersuchen, hier gibt es viele bereits gut untersuchte Fundstellen“, erklärt Nicholas Conard. Das Forscherteam untersuchte drei steinzeitliche Kulturformen, die sich jeweils durch ihre Steinwerkzeuge unterscheiden: das Moustérien und das in Frankreich sowie Nordspanien beschriebene Châtelperronien, die Neandertalern zugeordnet werden, sowie die Uluzzien-Kultur, die auf der italienischen Halbinsel und Südgriechenland zu beobachten war und deren Produkte dem modernen Menschen zugeschrieben werden.

Sicher ist, dass es außerhalb von Afrika einen Austausch von Genmaterial zwischen Neandertalern und anatomisch modernen Menschen gegeben hat. Noch heute finden sich einige Neandertalergene im Erbgut von Nichtafrikanern. Wann und wo außerhalb Afrikas sich die beiden Menschengruppen zusammenfanden, bevor die Neandertaler verschwanden, konnte bisher nicht näher bestimmt werden. Das Forscherteam entwickelte aus den neuen Messdaten der Beschleuniger-Massenspektrometrie ein Modell der Zeitabläufe: Danach wurde das Moustérien an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten von anderen Industrien wie zum Beispiel dem Châtelperronien beziehungsweise der Uluzzien-Kultur abgelöst. Die Forscher sind sich jedenfalls sicher, dass spätestens seit 39.000 Jahren vor heute keine Neandertaler mehr lebten.

Mehr Infos zu den Forschungsergebnissen über den Neandertaler gibt es hier.

Quelle:

Dr. Karl Guido Rijkhoek
Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

Schmuck aus dem Frühmittelalter

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM) forscht seit Jahren auf dem Gebiet frühmittelalterlicher Granate und hat dazu im Januar 2014 gemeinsam mit weiteren Partnern ein mehrjähriges interdisziplinäres Forschungsprojekt begonnen. Es widmet sich einer exotischen Fernhandelsware: dem roten Granat. Dieser zwischen ca. 450 und 800 n. Chr. aus Indien und Sri Lanka importierte Edelstein zierte tausende Waffen und Schmuckobjekte und wurde großflächig in einem geometrisch angelegten Zellwerkmuster arrangiert. Nachdem sich das Projektteam am 2. Juli getroffen hat, sind nun alle laufenden Projekte auf der RGZM-Homepage abrufbar.

Der Zugang zu exotischen Gütern wurde schon in der Antike von gesellschaftlichen Eliten zur Schau gestellt, um das eigene Prestige zu demonstrieren. Wie auch heute löste die „High Society“ als Trendsetter regelrechte Modewellen aus. Erhöhte Nachfrage machte einstige exotische Fernhandelswaren zu Massengütern, deren Wert und Sinngehalt sich dadurch veränderte. Fernhandel und Bedeutung des Granats können daher modellhafte Einblicke in die Weltwirtschaft nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches eröffnen. Von großem Interesse ist außerdem die Vorstellungswelt der frühmittelalterlichen Menschen. Nicht nur die rote Farbe der Granateinlagen, sondern auch deren Anordnungsmuster auf den einzelnen Objekten lässt die hohe symbolische Aufladung erkennen.

Als Ausgangspunkt für das Projekt dient die Sammlung des RGZM. Die Zusammenarbeit mit Partnern aus fünf europäischen Ländern ermöglicht Zugang zu luxuriösem Granatschmuck aus weiten Teilen Europas. Darüber hinaus werden auch die frühmittelalterlichen Schriftquellen zur sozialen und symbolischen Bedeutung von Edelsteinen erstmals zusammenfassend ausgewertet. Die Projektleitung für das RGZM übernimmt Dr. Dieter Quast.

Die Arbeiten werden im Verbund mit dem LVR-LandesMuseum Bonn und dem Südasien-Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziell gefördert.

Beim zweiten Projekttreffen waren über 20 Archäologen, Indologen, Historiker, Mineralogen, Sprachwissenschaftler und Informatiker aus den beteiligten Ländern in Mainz zusammengekommen, um neben der Vernetzung der zwölf Teilprojekte an einem Workshop zu frühmittelalterlichen Goldschmiedetechniken teilzunehmen.

Mehr Infos zum Projekt über den frühmittelalterlichen Edelsteinschmuck gibt es hier.

Quelle:
Christina Nitzsche
Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit
Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) – Forschungsinstitut für Archäologie

 

The Sanctuary Project

Das Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt startet ein neues Forschungsprojekt. „The Sanctuary Project“ soll untersuchen, wie Heiligtümer (sanctuaries) menschliche Erfahrungen und religiöses Wissen in der Antike beeinflussten. Das Projekt wird im Rahmen des Anneliese-Maier-Forschungspreises der Alexander von Humboldt-Stiftung finanziert und von dem Anneliese-Maier-Preisträger Prof. Dr. Gregory Woolf in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jörg Rüpke als Gastgeber an der Universität Erfurt geleitet.

Heiligtümer sind allgemeine – vielleicht universelle – Produkte menschlicher Gesellschaften. Zuerst nachgewiesen im Zeitalter des Jungpaläolithikums traten die ersten Heiligtümer ungefähr zur gleichen Zeit in Erscheinung wie die ersten Belege für Riten, Kunst und Musik. Da man in Heiligtümern eine Fülle gegenständlicher Objekte einerseits gefunden hat und sie zugleich Orte symbolischen Aufwands sind, zählen sie zu wichtigen Bestandteilen archäologischer Untersuchungen. Als frühe Nachweise für kognitive Aktivitäten des anatomisch modernen Menschen sind sie immer wieder zentral für Debatten um eine „Archäologie des Geistes“.

Bisherige Studien zu Heiligtümern untersuchten diese unter anderem als rituelle Orte, als Bühne für die Festkultur, als Kontaktstätte zum Göttlichen oder auch als Einflussfaktoren bei der Bildung von Staaten. Das „Sanctuary Project“ baut auf diesen bisherigen Studien auf, fokussiert sich jedoch auf den religiösen Akt und erforscht, welche Rolle Heiligtümer bei der Bildung religiöser Erfahrungen von Personen, die antike Kultstätten besuchten, spielten. Dafür sollen Experten miteinander ins Gespräch kommen, die aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven wie der Archäologie, Sozialanthropologie, der Alten Geschichte, Kunstgeschichte sowie der Jüdischen und Frühchristlichen Studien auf diese Frage blicken. Das „Sanctuary Project“ möchte zudem Nachwuchsforscher ermutigen, sich an dem interdisziplinären Austausch zu beteiligen und sich so auch mit anderen Fachgebieten vertraut zu machen. Entsprechende Dissertationsstipendien werden dafür an der Universität Erfurt ausgeschrieben.

Weitere Infos gibt es hier. 

 

Quelle:
Carmen Voigt
Pressestelle
Universität Erfurt

Römisch–Germanisches Zentralmuseum etabliert internationales Forschungsprojekt »Caričin Grad«

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) beginnt 2014 ein langfristiges interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Untersuchung der frühbyzantinischen Stadt Caričin Grad im heutigen Südserbien. Dieses wird in Kooperation mit dem Institut für Archäologie, Belgrad (IA) und der École française de Rome (EFR) durchgeführt. Beide Institutionen arbeiten bereits seit 1978 erfolgreich gemeinsam in Caričin Grad. Inhaltlich ist das Projekt an den »WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident« angeschlossen. Das im Leibniz-Wettbewerb geförderte Projekt schafft der Forschung des RGZM wertvolle wissenschaftliche Kontakte in Belgrad, aber auch in Italien und Frankreich.

Zeiten des kulturellen Umbruchs bedeuten Veränderungen mit häufig unumkehrbaren Auswirkungen für die betroffenen Gesellschaften, die dabei mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert werden. Den Umgang mit entsprechenden Auswirkungen zu analysieren ist ein zunehmend wichtiges Thema in der Archäologie. Hierfür ist Caričin Grad ein besonderes Beispiel. Die Geschichte und Erhaltung der Fundstelle bieten ideale Bedingungen, um eine Siedlung in der Übergangsphase von der Spätantike zum Frühmittelalter zu untersuchen.

Die in Südserbien gelegene byzantinische Ruinenstadt ist vermutlich identisch mit »Iustiniana Prima«, der schriftlich belegten Neugründung Kaiser Justinians. Wird Caričin Grad zu Recht mit »Iustiniana Prima« identifiziert, so stellte es als Erzbistum das administrative und religiöse Zentrum der Region dar. Die Ruinen von Caričin Grad passen in dieses Bild. Der Ort bestand gemäß dem Fundmaterial von ca. 530 bis ca. 615 n. Chr. Er zeigt repräsentative urbane Architektur in antiken Traditionen und vereint die etablierten Charakteristika einer hellenistisch-römischen Stadt mit den jüngeren einer Siedlung christlicher Prägung. Die Architektur, insbesondere die repräsentativen Bauten sind bereits Gegenstand umfassender Untersuchungen und Rekonstruktionen.

Inhaltlich sollen daher in den folgenden Jahren vor allem Fragen zur Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgeschichte behandelt werden. Hierbei wird das Umland Caričin Grads zur Rekonstruktion der zeitgleichen Kulturlandschaft einbezogen. Langfristig soll ein Bild der Stadt als Humanökosystem rekonstruiert werden, welches sowohl die Umweltfaktoren als auch die Gesellschaft berücksichtigt. Die erste Kampagne der Feldforschungen findet im Sommer 2014 statt. Die Projektleitung für das RGZM übernimmt Dr. Rainer Schreg.

„Die klar umrissene Dauer der Belegung, und die Tatsache, dass nach der Auflassung der Stadt keine weitere Überbauung erfolgte, machen »Caričin Grad« zu einer Fundstelle mit außergewöhnlichem Forschungspotential. Wir freuen uns daher sehr auf die Zusammenarbeit mit den serbischen und französischen Kollegen in diesem spannenden Projekt“, so Professor Falko Daim, Generaldirektor des RGZM.

Das RGZM ist eine weltweit tätige Forschungseinrichtung für Archäologie mit Hauptsitz in Mainz sowie Nebenstellen in Mayen und Neuwied. 1852 vom Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine gegründet, ist es seit 1870 eine Stiftung des öffentlichen Rechts und seit 2002 Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Archäologen und Naturwissenschaftler untersuchen am RGZM vergangene Gesellschaften auf der Grundlage archäologischer Quellen: Hierbei steht der Mensch in Wechselwirkung mit seiner Umwelt im Mittelpunkt. Stärken des RGZM liegen in der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Restaurierung und Archäometrie sowie in seiner internationalen und interdisziplinären Vernetzung. In mehreren Museen und breitgefächerten Publikationen aus dem eigenen Verlag vermittelt es seine Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit.

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Quelle:
Christina Nitzsche
Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit
Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) – Forschungsinstitut für Archäologie