Antike Stuckfriese in Pergamon entdeckt

Die vom Deutschen Archäologischen Institut entdeckten Stuckfriese in einem Gelageraum gehören zu den bedeutendsten hellenistischen Wanddekorationen in Anatolien.

In der antiken Stadt Pergamon (Türkei – Provinz İzmir – Landkreis Bergama) sind schon mehrfach Reste antiker Wanddekorationen freigelegt worden, zuletzt in den 1990er Jahren in einem großen Peristylhaus im Stadtzentrum. Völlig überraschend war hingegen die Entdeckung einer Stuckwand aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. am abgelegenen nördlichen Osthang des Stadtberges. Dort werden seit Jahren mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung mehrere Felsheiligtümer erforscht, die ganz neue Einblicke in Verehrung von Naturmalen und das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt eröffnen.
Im Zentrum des Ensembles ist ein Gebäude ausgegraben worden, dessen Hauptraum mit der Imitation einer kostbaren Marmorverkleidung aus Stuck dekoriert ist. Neben mehrfarbigen Quaderreihen und Friesen im unteren und mittleren Bereich der Wände bestand sie in der Oberzone aus Halbsäulen mit Basen und Kapitellen. Die großflächige Erhaltung der Dekoration an der Wand selbst – und nicht nur in herabgestürzten Fragmenten – macht den Raum zu einem der bedeutendsten Zeugnisse hellenistischer Wanddekoration in Anatolien. Das Gebäude mit dem aufwendig geschmückten Hauptraum wurde wahrscheinlich für Gelage im Rahmen von Kulthandlungen in den Felsheiligtümern genutzt. Die Konservierung der Wanddekorationen, die mittlerweile von einem Schutzbau umgeben sind, hat nach Abschluss der Grabungsarbeiten in diesem Sommer ein Team der Gazi Üniversitesi Ankara übernommen.

Die Pergamongrabung wird mit Genehmigung des Ministeriums für Kultur und Tourismus durch das Deutsche Archäologische Institut durchgeführt. An den Arbeiten in Bergama und Umgebung sind neben 45 lokalen Arbeitskräften über einhundert deutsche, türkische, und internationale Wissenschaftler und Studenten beteiligt. Parallel zu den Ausgrabungen finden umfangreiche Konservierungsarbeiten vor allem in der Roten Halle und im Gymnasion statt.

 

Mehr Infos zu den Stuckfriesen in Pergamon gibt es hier.

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Deutsches Archäologisches Institut

Nicole Kehrer

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

DAI: Gemeinsame Forschungen zu Kaiserpalästen in Peking und Rom

Das Deutsche Archäologische Institut und das Palastmuseum Peking wollen in den nächsten Jahren eine enge Kooperation im Bereich der Palastforschung aufbauen.

Ziel der angestrebten Kooperation ist es am Beispiel der Verbotenen Stadt in Peking und dem römischen Kaiserpalast in Rom sowohl bei der archäologischen Untersuchung als auch der Erhaltung und Präsentation historischer Palastanlagen enger zusammen zu arbeiten. Hierbei soll die Expertise beider Vertragspartner besonders im Bereich der archäologischen Bauforschung für eine vergleichende Studie zu kaiserlicher Baukunst in China und Europa eingesetzt werden. Geplant sind gemeinsame Workshops, Publikationen und Ausstellungen.

Das Palastmuseum erforscht seit den 1950er Jahren intensiv die Baukunst und bauliche Entwicklung der Palastanlagen der chinesischen Kaiser der Ming und Qing Dynastie (15.-19. Jh.). Im Juni 2013 hat es ein eigenständiges archäologisches Institut gegründet, das Ausgrabungen im Palastbereich durchführt.

Am Architekturreferat wird seit vielen Jahren im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Semantik der Architektur der Herrschaft die Entwicklung des Kaiserpalastes der römischen Kaiser auf dem Palatin in Rom erforscht. Beide Vertragsunterzeichner betonten die wichtige Rolle der Erforschung von historischer Architektur für ein besseres Verständnis der Entwicklung von Palastanlagen im Rahmen sich wandelnder Herrschaftsverhältnisse. Diese bildet auch eine unverzichtbare Grundlage sowohl für den verantwortungsvollen Schutz und die Restaurierung als auch der Präsentation der historisch bedeutsamen Anlagen, die beide zum Weltkulturerbe gehören.

Während ihres Aufenthaltes im Palastmuseum Peking haben Ulrike Wulf-Rheidt und Dietmar Kurapkat mehrere Grabungen und Restaurierungsarbeiten mit den chinesischen Kollegen besichtigt und über potentielle gemeinsame Projekte für die folgenden Jahre diskutiert. In einem Workshop wurden die durch die chinesischen Kollegen erzielten Grabungsergebnisse in unterschiedlichen Palastbereichen der verbotenen Stadt sowie die Forschungsergebnisse zu den Palastanlagen in Rom, Italien und Resafa, Syrien vorgestellt.

Weitere Infos zu der Kooperation zwischen dem DAI und dem Palastmuseum Peking gibt es hier.

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Nicole Kehrer M.A.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Archäologisches Institut

Pyramiden der Welterbestätte Meroë

S.E. Sheikh Hassan bin Mohammed bin Ali Al Thani, Stellvertretender Vorsitzender von Qatar Museums (QM) unterzeichnete heute einen Vertrag mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI). Das Deutsche Archäologische Institut wurde von Sheikh Hassan eingeladen, an der von ihm geleiteten Qatari Mission for the Pyramids of Sudan (QMPS) mitzuarbeiten. Damit startet noch in diesem Jahr ein groß angelegtes Projekt, um die bedeutenden Denkmäler vor weiterem Verfall zu schützen.

Die antike Stadt Meroë war in den Jahrhunderten um Christi Geburt die Hauptstadt des Königreiches von Kusch. Sie liegt im heutigen Sudan, etwa 220 Kilometer nördlich der modernen Metropole Khartoum. Im schmalen Fruchtlandstreifen des Niltals wurde Meroë als prachtvolle Residenzstadt mit großzügigen Wohngebäuden, Tempeln und den einzigartigen Königlichen Bädern am rechten Nilufer zwischen dem 6. und 5. Katarakt erbaut. Östlich der Stadt liegen am Rand der Wüste die königlichen Nekropolen mit ihren charakteristischen steilwandigen Pyramiden. Durch Umwelteinflüsse, besonders durch die seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts aufgrund von Bodenerosion zunehmenden Sandstürme, sind die Pyramiden akut gefährdet. Es gilt diese wichtigen Zeugnisse der frühen Kulturen des Nil zu konservieren und behutsam zu restaurieren.

2011 wurde Meroë von der UNESCO in die Welterbe-Liste aufgenommen. Konzepte für den Erhalt der Welterbestätte und zu deren touristischer Erschließung sind wichtige Bestandteile der Nominierung. Ziel der Qatari Mission for the Pyramids of Sudan (QMPS) ist es, in Zusammenarbeit mit internationalen Spezialisten die Pyramiden der Welterbestätte Meroë zu bewahren. Das Projektvolumen ist derzeit bei 3 Mio US $ angesetzt. Das Pyramidenprojekt ist ein zentraler Baustein eines weiter gefassten Forschungsnetzwerkes.

Qatar Museums (QM) und die Antikenbehörde des Sudan, die Sudanese National Corporation for Antiquities & Museums (NCAM), haben mit dem Qatar Sudan Archaeological Project die Rahmenbedingungen für internationale Kooperationen in Forschungsprojekten zum Sudan geschaffen. Auch das Deutsche Archäologische Institut ist mit Projekten zu den königlichen Bädern in Meroë und zur Stadt Hamadab an dem groß angelegten Forschungsnetzwerk beteiligt.

Die deutsche Forschung blickt im Sudan auf eine lange Tradition zurück. Grundlegende Arbeiten zur Architektur und Kultur des Mittleren Niltals leistete seit etwa 1960 der Architekt und Bauforscher Friedrich W. Hinkel, der 2007 verstarb und das weltweit umfangreichste Archiv zur Archäologie und Baugeschichte des antiken Sudan hinterließ. Das Archiv wird heute im Deutschen Archäologischen Institut aufbewahrt. 2014 startete das Qatar Sudan Archaeological Project und das Deutsche Archäologische Institut eine Kooperation zur Digitalisierung des Archivs. Als Ergebnis wird das Digitale Friedrich Hinkel Forschungszentrum 2017 während des bilateralen Kulturjahrs zwischen Deutschland und Katar eröffnet. Es entsteht damit eine virtuelle Forschungsumgebung, die sich an zwei Orten, in Berlin und in Khartoum, mit entsprechenden Arbeitsumgebungen konkretisieren wird und im Sudan zur wichtigen Grundlage für den Ausbau der digitalen Erfassung des kulturellen Erbes werden wird. Die digitale Erfassung und Verwaltung von Kulturdenkmälern ist heute Grundlage für einen umfassenden Schutz des kulturellen Erbes und ein unverzichtbares Werkzeug jeder Denkmalbehörde.

Weitere Infos über das Qatar Sudan Archaeological Project findet ihr hier.

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Nicole Kehrer
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Archäologisches Institut

 

Über die Gründung Karthagos

Im Rahmen der Erforschung der antiken Mittelmeermetropole Karthago durch das Deutsche Archäologische Institut (Rom) und das Institute National du Patrimoine (Tunis) konnte in enger Zusammenarbeit mit Tübinger Wissenschaftlern des SFB 1070 RessourcenKulturen eine 14C-Datierungsreihe zur Untersuchung der Siedlungschronologie der frühen phönizischen Stadt durchgeführt werden.

Dabei wurden u.a. Rinderknochen aus den ältesten Siedlungsschichten im Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat untersucht, dem „Quartier Didon“, einem Wohnviertel mit hochaufragend erhaltener, archaischer Bebauung in der Küstenebene der phönizischen Stadt. Die 14C-Untersuchungen dieser Knochen aus dem archaischen Siedlungsareal erbrachten durchgehend Datierungen, die in die Zeit zwischen 850 und 800 v. Chr. weisen.

Die Datierungen fallen damit in jene Zeit, die antike Historiker für die Gründung Karthagos ansetzen: nach Timaios von Tauromenion im 38. Jahr vor der ersten Olympiade (814/13 v. Chr.), nach Menander von Ephesos, der sich auf Dokumente aus Karthagos Mutterstadt Tyros beruft, im siebten Regierungsjahr des tyrischen Königs Pygmalion (zwischen 825 und 820 v. Chr.). Da die methodisch voneinander unabhängigen historischen und naturwissenschaftlichen Datierungsverfahren sich gegenseitig stützen, kann nun mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Gebiet Karthagos bereits in der 2. Hälfte des 9. Jhs. besiedelt war.

Quartier Didon: Blick in die Tiefe der Zeit

Das „Quartier Didon“, wie das Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat zukünftig genannt werden wird, bietet aufgrund der hervorragenden Erhaltung gerade der archaischen Befunde einen für Karthago einzigartigen Einblick in die Frühphase der Siedlungsgeschichte der phönizischen Kolonie. Hier waren auf einer Fläche von knapp 550 m² bereits von Friedrich Rakob in den 1990er Jahren die Reste mehrerer archaischer Bauten freigelegt worden, die sich über einer Planierungsschicht aus Lehm erheben, mit der das zum Meer hin abfallende Siedlungsareal erschlossen wurde.

Nach neueren Forschungen handelt es sich bei diesen Baustrukturen um mindestens drei Häuser, deren Räume sich um Innenhöfe gruppieren und die über gemeinsame Außenmauern zu größeren Baueinheiten zusammengefasst werden. In den aus Kalkstein- und verputzten Lehmziegelmauern errichteten Häusern fanden sich mehrere Brunnen, Feuerstellen und Öfen, die einen Einblick in das Leben der phönizischen Kolonisten erlauben. Die einheitliche Orientierung der Häuser, die durch die Nutzung gemeinsamer Mauern deutlich wird, lässt bereits für die frühesten Bauten des „Quartier Didon“ auf eine einheitliche städtebauliche Planung schließen. Dieses stadtplanerische Konzept wird auch in den folgenden archaischen Bauphasen beibehalten. So lassen sich vielfache Umbauten und Geländeaufhöhungen in den Häusern nachweisen, die gründungszeitliche Orientierung der Bauten bleibt jedoch erhalten.

Die neuen Forschungen belegen nachdrücklich, dass Karthago von Beginn an in das Netzwerk der phönizischen Niederlassungen im zentralen und westlichen Mittelmeerraum integriert war, wie das reiche Fundmaterial der Grabungen zeigt. Neben lokal gefertigten Keramiken, belegen importierte Gefäße aus Spanien, Griechenland und dem östlichen Mittelmeer die weitreichenden Beziehungen der Siedler.

Weitere Infos gibt es hier.

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Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Kulturgut in Gefahr

Alarmierende Berichte über Raubgrabungen in aller Welt: Konferenz in Berlin sucht Wege, den illegalen Handel mit Antiken einzudämmen.

Die internationale Tagung „Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel“ ist am Freitag in Berlin mit dem dringenden Appell zu Ende gegangen, illegale Grabungen und die damit verbundene systematische Zerstörung von Kulturschätzen der Menschheitsgeschichte weltweit einzudämmen. Redner aus aller Welt und etwa 350 Teilnehmer waren auf Einladung des Deutschen Archäologischen Instituts, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Verbandes für Archäologie in den vergangenen beiden Tagen ins Auswärtige Amt gekommen, um darüber zu diskutieren, wie Raubgrabungen eingeschränkt und der illegale Handel mit Antiken gesetzlich verhindert werden kann. Besonders dramatisch ist die Situation in Krisenregionen wie Syrien, dem Irak oder Ägypten. Hier wird nicht nur systematisch geplündert, die Zerstörung von Weltkulturerbe ist eine Folge von radikaler Ideologie. Am Ende der Tagung hat sich gezeigt, dass die Problemlage weltweit alarmierend ist. Das gilt für Ägypten, Syrien, dem Irak oder Mali ebenso wie für Griechenland, Italien und Europa insgesamt. Auch in Afrika, Nord- und Südamerika und in Asien kommt es Raubgrabungen und illegalem Handel.

„Jede archäologische Grabung ist illegal, sofern sie nicht offiziell genehmigt ist. Wir brauchen für die Objekte, die gehandelt werden, eine Art ‚Antiken-Pass‘, aus dem die Exportgenehmigung des Herkunftslandes ersichtlich ist. Der Handel sollte sich aus eigenem Interesse eine Selbstverpflichtung auferlegen, nur Objekte mit eindeutiger Provenienz zu verkaufen und dies langfristig zu dokumentieren. Es geht auch darum, Touristen zu sensibilisieren, die sich aus dem Urlaub ein antikes Souvenir mitbringen wollen und damit ungewollt Raubgrabungen befördern“, sagte Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts. Diesen Ansatz verfolgt auch die Novellierung des Kulturschutzgesetzes, das derzeit von Kulturstaatsministerin Grütters vorbereitet wird.

Auch für die Museen gewinnt die Herkunftsforschung für archäologische Werke immer mehr an Bedeutung. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, sprach sich dafür aus, alle archäologischen Objekte, die nach 1970 erworben worden sind, untersuchen zu lassen. „Die Qualität einer Sammlung hängt heute auch entscheidend von der Qualität der Provenienzen ab. Transparenz der Erwerbungsumstände ist dafür unabdingbar. Zudem sind die Experten aus den Museen wichtige Partner bei der Kriminalitätsbekämpfung. Sie werden immer stärker bei der Identifizierung von Antiken gebraucht und arbeiten intensiv mit Polizei und Zoll zusammen. Der Ausbau von Objekt-Datenbanken und Geo-Informationssystemen wie derzeit für Syrien im Aufbau sind entscheidende Instrumente für ein internationales Vorgehen gegen illegalen Handel“, so Parzinger.

Mehr Infos zu der Tagung „Kulturgut in Gefahr. Raubgrabungen und illegaler Handel“ gibt es hier. 

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Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Weltweit größter antiker Steinblock in Baalbek entdeckt

Der monolithische Block im Steinbruch von Baalbek ist 19,60 m lang, 6 m breit und mindestens 5,5 m. Sein Gewicht wird auf ca. 1650 Tonnen geschätzt. Nun soll erforscht werden, warum der Steinblock nicht fertiggestellt wurde und im Steinbruch verblieb – und mit welchen Mitteln er überhaupt hätte transportiert werden können.

Im Sommer 2014 führte die Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts Ausgrabungen im Steinbruch von Baalbek durch. Dort liegt, seit langem bekannt, der megalithische Steinblock „Hajjar al-Hibla“. Steinblöcke wie diese, mit einer Länge von etwa 20 Metern und einem Querschnitt von ca. 4 x 4 m, wurden für das Podium des riesigen Jupiter-Tempels im römischen Heiligtum von Baalbek verbaut.

Ziel der diesjährigen Ausgrabungen war es, neue Daten zur Abbautechnik sowie zum Transport dieser Megalithen zu finden. Es wurden Bearbeitungsspuren dokumentiert und die alten, durch die Steinbrucharbeiten entstandenen Abfallhalden nach datierbaren und stratifizierbaren Keramikscherben und Kleinfunden untersucht.

Wie nun nachgewiesen werden konnte, blieb der Steinblock „Hajjar al-Hibla“ im Steinbruch liegen, weil sich seine Steinqualität in einer Ecke als minderwertig erwies und ein natürlicher Riss den Block vermutlich beim Transport hätte brechen lassen.

In der Steinlage unter dem „Hajjar al-Hibla“ und direkt neben diesem, befindet sich ein weiterer megalithischer Steinblock, der dessen Maße um einiges übertrifft: er ist 19,60 m lang, 6 m breit und mindestens 5,5 m hoch. Um die genaue Höhe feststellen zu können, muss die archäologische Sondage in einer nächsten Ausgrabungskampagne erweitert werden. Konnte man das Gewicht des „Hajjar al-Hibla“ mit knapp 1000 Tonnen berechnen, bringt der neue Steinblock etwa 1650 Tonnen auf die Waage. Da eine Schmalseite bereits sehr gut geglättet ist und die Vorgaben für die Glättung einer Langseite erhalten sind, muss geplant gewesen sein, den Block in diesen Gesamtmaßen auszuliefern und zu transportieren. Es handelt sich damit um den bislang größten bekannten Steinblock aus der Antike.

Die Arbeiten standen unter der örtlichen Leitung von Prof. Dr. Jeanine Abdul Massih, Lebanese University/derzeit Senior Fellow des Exzellenzclusters TOPOI und langjährige Kooperationspartnerin im Baalbek-Projekt der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (Leitung Dr. Margarete van Ess). Die Forschungen fanden in enger Kooperation mit der libanesischen Antikenverwaltung statt. Sie wurden aus Mitteln des Deutschen Archäologischen Instituts und des Excellenzclusters TOPOI finanziert.

 

Quelle:
Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Neue Grabstele auf dem Kerameikos in Athen entdeckt

Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts stießen bei den aktuellen Ausgrabungen überraschend auf eine Familienstele.

Die Ausgrabungen konzentrieren sich auf einen Abschnitt der Heiligen Straße, die von Athen nach Eleusis führte. Der Fundort liegt wenige Meter stadteinwärts, unweit des Heiligen Tores, ganz am Rande des archäologischen Parks. Das Fragment stammt von einer sog. Familienstele. Es zeigt eine sitzende Frau und ein kleines Mädchen im Vordergrund, im Hintergrund stehend eine weitere Frau und einen bärtigen Mann.

Von der Darstellung ist ungefähr die Hälfte erhalten, auf der verlorenen rechten Hälfte waren wohl 2-3 weitere Personen dargestellt. Auf dem Architrav der Giebelstele ist schwach eine Inschrift zu lesen, die einen Mann namens Demostratos als Grabinhaber nennt. Die Form der Grabstele sowie der Typus und der Stil der Darstellung machen deutlich, daß das Grabdenkmal ursprünglich im dritten Viertel des 4. Jahrhunderts v.Chr. aufgestellt worden ist.

Das Grabrelief war ursprünglich vermutlich in der Nekropole entlang der Straße vor dem Heiligen Tor aufgestellt. Es wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom ursprünglichen Platz genommen und als Baumaterial, wegen der Beschaffenheit der Oberfläche wohl zunächst als Türschwelle, wiederverwendet. Im Zuge der Erneuerung des kommunalen Wassersystems von Athen im 6. Jahrhundert n. Chr. hat man das Fragment schließlich zum dritten Mal, als Abdeckung für eine Abwasserleitung unter der Heiligen Straße verwendet.

Mehr Infos gibt es hier.

Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut

Bisher unbekannte antike Kultstätte bei Ausgrabungen in Didyma entdeckt

Archäologen des von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste geförderten Forschungsprojektes „Kulte im Kult“ haben im bekannten Orakelheiligtum des Apollon in Didyma (Türkei) das Fundament eines hellenistischen Tempels entdeckt. Die Forscherinnen und Forscher vermuten, den seit Jahrzehnten gesuchten Tempel der Artemis, der Zwillingsschwester Apollons, gefunden zu haben.

Bei den Ausgrabungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Didyma wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Helga Bumke (Universität Halle-Wittenberg) im vergangenen Jahr Teile dieses Fundaments freigelegt. Ihr Zusammenhang und ihre Bedeutung konnten aber erst jetzt zweifelsfrei erklärt werden. So gelang es durch die Ausgrabungen sowohl den Grundriss des etwa 12 x 32 m großen Fundamentes vollständig zu ermitteln als auch seine aufgehende Architektur weitgehend zu rekonstruieren.

Aus antiken Inschriften ist bekannt, dass in Didyma neben Apollon noch weitere Gottheiten verehrt wurden, insbesondere Artemis, Zeus und Aphrodite, die teilweise auch eigene Kultbauten besessen haben sollen. Allerdings konnten diese bisher nie gefunden werden, obwohl deutsche Archäologen bereits seit 1906 in Didyma forschen. Jahrzehntelang wurde vergeblich versucht diese Kultstätten zu lokalisieren. Architekturteile von Kultbauten traten seit Beginn der deutschen Ausgrabungen im Jahre 1906 zwar immer wieder zutage, doch Gebäudefundamente wurden überhaupt nicht gefunden, so dass die antike Gestalt des Gesamtheiligtums ebenso wie der Zusammenhang seiner sakralen Strukturen bis heute im Dunkeln blieben – bis nun dem Team um Prof. Dr. Helga Bumke der Durchbruch gelang.

Bemerkenswert ist, dass die Ausmaße und die architektonische Ausgestaltung des neuen Tempels darauf hindeuten, dass er im 2. Jh. v. Chr. nach dem Vorbild des zentralen Kultbaus des Apollon entworfen wurde, eines kleinen ionischen Tempels, der im Innenhof des monumentalen Apollontempels stand. Die These der Forscherinnen und Forscher: dies ist der in den Inschriften bezeugte Tempel seiner Zwillingsschwester Artemis.
Endgültige Gewissheit über den göttlichen Inhaber des Tempels werden aber erst weitere Grabungen und Forschungen bringen. So gilt es nun, den zugehörigen Altar zu lokalisieren und Aufschluss über die unmittelbare Umgebung des Tempels zu erhalten.
Seit 2009 verfolgt das Akademieprojekt „Kulte im Kult“ im Rahmen der Erforschung außerstädtisch gelegener Heiligtümer das Ziel, die Kulttopographie von Didyma durch archäologische Feldforschungen zu erschließen.

Weitere Infos zu der Kultstätte in Didyma gibt es hier.

Quelle:
Dirk Borhart
Presse und Kommunikation
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und Künste

Die steinzeitlichen Wurzeln der Schriftzeichen

Bereits vor 12.000 Jahren erschufen Steinzeitmenschen auf dem Berg Göbekli Tepe in der heutigen Türkei ein Höhenheiligtum, das sich einer entwickelten Bildsprache bediente. Prof. Dr. Ludwig Morenz, Ägyptologe an der Universität Bonn, stellt in seinem Buch dar, wie diese frühen Vorläufer der Schriftzeichen zu einer kulturellen Revolution im Denken und Handeln der Menschen führte.

Seit Urzeiten hat sich der Mensch für die Nachwelt verewigt: Vor Jahrzehntausenden hinterließen eiszeitliche Jäger ihre Höhlenmalereien. Über abstrakte Bildzeichen ging die Entwicklung allmählich weiter bis zur Schrift. Bereits vor mehr als 5.000 Jahren verwendeten die Altägypter Hieroglyphen als älteste Schriftzeichen. „Wie sich abstrakte Bildzeichen in Schriftzeichen wandelten, lag lange weitgehend im Dunkeln“, sagt Prof. Dr. Ludwig Morenz von der Abteilung für Ägyptologie der Universität Bonn.

Mit den Grabungen des Deutschen Archäologischen Instituts unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Schmidt von der Universität Erlangen-Nürnberg auf dem Berg Göbekli Tepe in Südanatolien kam ein steinzeitliches Heiligtum zum Vorschein. Nahe der heutigen türkischen Stadt Sanliurfa – dem antiken Edessa – errichteten Menschen gegen Ende der Eiszeit vor rund 12.000 Jahren mehrere monumentale Ringanlagen, die von T-förmigen, aus Kalkstein gefertigten Pfeilern beherrscht werden.

Fehlendes Bindeglied zwischen Bildern und Schrift

„Das Höhenheiligtum ist so etwas wie das fehlende Bindeglied zwischen Bildern und den ersten Schriftzeichen“, sagt Prof. Morenz, der zusammen mit Prof. Schmidt mehrere Jahre lang die in Göbekli Tepe entdeckten frühneolithischen Zeichen untersuchte. „Sie erlauben neue Einsichten in historische Tiefen der menschlichen Kommunikation.“ Häufig finden sich auf den T-Pfeilern in Flachreliefen dargestellte Tiere, darunter Schlangen, Skorpione, Füchse, Kraniche, Gazellen und Wildesel. Außerdem gibt es stärker abstrahierte Zeichen wie Tiere, Hände oder die Kombination aus Mondscheibe und -sichel.

„Es handelt sich dabei um einen Sprung in eine neue mediale Welt“, sagt der Experte für Bildersprache und Zeichentheorie. Immerhin sei diese frühe Form der Bildzeichen mehr als doppelt so alt wie die ältesten Schriftzeichen der Altägypter. Zum Ende der Eiszeit wurden Grundlagen gelegt, auf denen die spätere kulturelle Revolution aufbauen konnte. Prof. Morenz: „Göbekli Tepe steht für die Entwicklung von reinen Bildern zur Kodierung von darüber hinaus gehender Bedeutung.“ Während es sich bei der Darstellung eines Stieres etwa in der Höhle von Altamira in Spanien um das direkte Abbild des Tieres handelt, sei ein Stierkopf in dem Höhenheiligtum der Türkei von der primären Bildbedeutung losgelöst als abstraktes Symbol für eine Gottheit zu verstehen.

Bereits vor 12.000 Jahren gab es ein einheitliches Zeichensystem

Der Ägyptologe der Universität Bonn untermauert seine These mit der Tatsache, dass insgesamt rund 20 verschiedene Bildzeichen in ähnlicher Form auch noch in anderen frühneolithischen Fundorten im Umkreis von 150 Kilometern um das Höhenheiligtum Göbekli Tepe herum entdeckt wurden. In dieser fruchtbaren Landschaft zwischen den Oberläufen von Euphrat und Tigris wurden Menschen früh sesshaft. Sie teilten in den verschiedenen Siedlungen mit leichten Abwandlungen die gleichen Bildzeichen. „Das kann kein Zufall sein, die Menschen dieses Kulturraumes müssen sich auf ein einheitliches Zeichensystem geeinigt haben“, ist Prof. Morenz überzeugt.

Die Bildzeichen könnten gleichzeitig mehrere Bedeutungen haben: Ein Schlange stehe einerseits für Bedrohung, könne aber auch als Zeichen für etwas Abwesendes verstanden werden – weil der Abdruck der Schlange im Sand verbleibt, wenn das Tier längst weitergezogen ist. Das Abbild einer abstrahierten Hand lasse sich als Geste – etwa von Abwehr – interpretieren. Manche Zeichen waren in kleine, flache Steine geritzt – quasi als „Heiligtum für die Hosentasche“. „Bei dieser frühen Bildsprache handelt es sich aber noch um keine Schriftzeichen“, stellt Prof. Morenz fest. Schriftzeichen seien noch einmal deutlich differenzierter und umfassten auch die lautliche Dimension, das heißt wie ein bestimmtes Zeichen ausgesprochen wird.

Göbekli Tepe zeigt nach den Untersuchungen des Ägyptologen eindrücklich, wie komplex und spezialisiert bereits die steinzeitliche Gesellschaft vor rund 12.000 Jahren war. „Der Gebrauch von Sprache, Hand und Hirn gingen mit einander einher“, sagt Prof. Morenz. In dem Maß, wie sich die Menschen damals mit großem handwerklichen und intellektuellem Geschick eine abstrakte Bildsprache schufen, drangen sie jenseits der Herausforderungen des Alltags in religiöse Sphären vor und stellten sich bereits den Grundfragen der Menschheit nach dem Jenseits. „Es handelt sich um den Beginn der medialen Entwicklung und um den Aufbruch in neue Denkräume“, sagt Prof. Morenz.

Weitere Infos gibt es hier.

Quelle:
Johannes Seiler
Dezernat 8 – Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

 

Raubgrabung, Zerstörung, Kulturerhalt

Deutsches Archäologisches Institut startet Veranstaltungsreihe im Rahmen des Review-Prozesses „Außenpolitik Weiter Denken“.
Am 15. Oktober 2014 um 18 Uhr diskutieren international Experten im Auswärtigen Amt zum Thema „Meaningful Heritage – New Challenges for Cultural Policy“ über den Kulturerhalt als Bestandteil der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, die aktuellen internationalen Herausforderungen und Handlungs- und Lösungsoptionen.

Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) beteiligt sich aktiv am Review-Prozess des Auswärtigen Amts „Außenpolitik Weiter Denken“, der im Dezember 2013 von Außenminister Frank-Walter Steinmeier initiiert wurde. Als „dritter Säule“ deutscher Außenpolitik kommt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik hierbei eine besondere Bedeutung zu. Durch die aktuelle politische Lage etwa im Nahen Osten gewinnt dieser Prozess gerade im Bereich des Kulturerhalts und des Kulturguterschützes neue Brisanz.

Das DAI vertritt seit 185 Jahren das Ideal, dass materielles und immaterielles Kulturerbe zu schützende, zu erhaltende und zu erklärende Grundlagen kultureller Identität und Verständigung sind. Erhalt, Schutz und Vermittlung des Kulturerbes sind Grundlagen stabiler sozialer und ökonomischer Gemeinschaften. Die Fragen, wie die Denkmäler vor Zerstörung und Raub zu bewahren sind, bewegen nicht nur eine kleine Wissenschaftsdisziplin, sondern uns alle.

Weitere Infos zur Veranstaltungsreihe des Deutschen Archäologischen Instituts gibt es hier.
 

Quelle:
Nicole Kehrer
Pressestelle
Deutsches Archäologisches Institut